Quo vadis Buchmarkt:

Die Anzahl der Leser sinkt – was können Verlage tun?
In einer Vielzahl an Studien ist erkennbar, dass die Anzahl der Buchkäufer abnimmt. Vor allem junge Menschen wenden sich immer mehr vom Buch ab und konsumieren andere, vor allem digitale Medien. Die demografische Entwicklung zeigt, dass Vielleser in absehbarer Zeit aussterben werden.

Noch ist der Umsatzrückgang durch diese Entwicklung im Buchmarkt überschaubar. Durch Preiserhöhungen und dank der Buchpreisbindung kann mit der bestehenden Leserschaft nach wie vor gut gewirtschaftet werden. Doch schon heute trifft der Rückgang der Leser die ersten Verlage. Die einbrechenden Umsätze bei physischen Büchern konnten im deutschen Markt noch nicht durch E-Books ausgeglichen werden. In Zukunft erwarten den Markt umfangreiche Veränderungen der Kundenstruktur. Vor allem werden sich Geschäftsmodelle und Inhalte an die Marktgegebenheiten von morgen anpassen müssen.

Im folgenden Artikel analysieren wir die heutige Leserschaft  und wagen einen Blick in die Zukunft. Wir gehen der Frage auf den Grund, wie zukunftssichere Geschäftsmodelle gefunden werden können.

Die aktuelle Lage

Der Buchmarkt steht aktuell vor einer herausfordernden Situation. Die bisher langfristig stabilen Umsatzzahlen brechen ein. In den Jahren 2002 bis 2017 wurde zwar nur ein Umsatzrückgang des Gesamtmarktes von 1,0 Prozent gemessen, jedoch betrug allein im Jahr 2017 der Umsatzrückgang schon 1,6 Prozent. Dass die Umsätze trotz einer Preissteigerung um 2,3 Prozent im Jahr 2018 weiterhin sinken, hängt in erster Linie mit den stark rückläufigen Käuferzahlen zusammen. Seit 2013 ist die Anzahl der Buchkäufer um 6,4 Millionen Menschen gesunken, das ist ein Minus von 18 Prozent.¹

Preissteigerungen tragen die Gefahr in sich, dass Zielgruppen mit weniger Kaufkraft ausgeschlossen werden und sie sich anderen günstigeren Medienformen zuwenden. Film- und Serien-Streaming-Dienste wie Netflix bieten für knapp 10 Euro 24 Stunden und 7 Tage die Woche Unterhaltung. Heutzutage kostet ein Roman um die 10 Euro und der ist, je nach Leser, in einigen Stunden durchgelesen. Gleichzeitig werden immer weniger Titel produziert. Die Produktion ist in 10 Jahren von 2007 bis 2017 Jahren von 86.000 Titeln auf 72.500 Titel gesunken.

Positiv ist, dass die Kaufintensität pro Käufer leicht steigt. Überzeugte Vielleser kaufen mehr. In der Summe reicht das jedoch nicht, um die Gesamtumsätze stabil zu halten.

Auch im Presseverlagsbereich sieht es zur Zeit nicht rosig aus. Im ersten Halbjahr 2018 sank der Presseabsatz um zehn Prozent im Großhandelsbereich.²

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¹ Alle zahlen stammen aus der Studie “Buchkäufer: Entwicklung und Chancen – Der Buchmarkt in Deutschland 2017”; Börsenverein des Deutschen Buchhandels: http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/1117/Wirtschaftspressekonferenz_2018.pdf

² http://www.turi2.de/aktuell/presse-grosso-konstatiert-fuer-print-am-kiosk-2018-eine-mittelschwere-katastrophe/

Rettung durch das E-Book?

Das E-Book galt bis vor einigen Jahren als das moderne Format, das den Markt retten wird. Diese Prognosen können heute nicht bestätigt werden. Der Anteil des E-Books  im deutschsprachigen Markt liegt bei 4,6 Prozent, die Steigerungsrate lag in den letzten Jahren nicht einmal im einstelligen Prozentbereich. Der Anteil an Lesern ist 2017 sogar um 1,4 Prozent gesunken.

Die Preise für E-Books fallen stetig – die Strategie der Preiserhöhung funktioniert am E-Book-Markt nicht. Einziger Wermutstropfen: Wie auch bei den Printprodukte ist bei den E-Books zu erkennen, dass Vielleser mehr kaufen. Die Anzahl der gekauften E-Books pro Käufer steigt – E-Book-Fans lesen mehr!

In den USA sieht die Lage bei den E-Books ganz anders aus. Dort hatten E-Books 2017 einen Anteil von etwa 15 Prozent. Jedoch ist der E-Book-Umsatzanteil zum Vorjahr um 4,7 Prozent gesunken. Der Buchmarkt in den USA ist jedoch gestiegen, vor allem dank Hörbüchern, deren Anteil um 36 Prozent gestiegen ist.

Die Gründe

Bücher haben als Freizeitbeschäftigung starke Konkurrenz aus dem Bereich der digitalen Medien bekommen. Vor allem die Zielgruppe der jüngeren Käufer zwischen 20 und 49 Jahren verbringt einen Großteil der Freizeit mit Onlineangeboten wie Netflix, Youtube, Whatsapp und Onlinespielen. Aber auch bei Teenagern ist die Internetnutzung enorm.

Heutzutage steht den Menschen mehr Freizeit zur Verfügung als je zuvor und sie wird für immer mehr unterschiedliche Aktivitäten genutzt als je zuvor. In den Top 10 der Freizeitaktivitäten der Deutschen ist “Lesen” jedoch nicht mehr vorhanden. Vor allem Kinder, die nicht im Teenager-Alter sind, und Großeltern lesen. Alle anderen Altersgruppen konsumieren vor allem Onlineinhalte. Diese Entwicklung hat auch eine gesellschaftliche Relevanz. Die Fähigkeit lange Texteinheiten konzentriert zu lesen, nimmt ab.

Ein Blick in die Zukunft lässt das sowieso schon beängstigende Bild noch drastischer werden. Die demographische Entwicklung zeigt, dass unsere Gesellschaft älter wird und es weniger junge Leute geben wird. Es ist nicht davon auszugehen, dass die jungen Leute von morgen plötzlich das Lesen wieder für sich entdecken. Wenn man bedenkt, dass die jungen Wenigleser von heute die alten Leute von morgen sind, bleibt für den Buchmarkt nicht mehr viel übrig. Zwar bleiben die älteren Vielleser noch eine Weile erhalten, doch auch diese werden irgendwann verschwinden.

Eine Studie der Wirtschaftsprüfer PriceWaterHouseCoopers (PWC) prognostiziert, dass Deutschland 2050 nur noch Platz 9 der großen Wirtschaftsmächte sein wird und nicht mehr Platz 5 wie heute. Ein Grund hierfür ist ebenfalls die Bevölkerungsentwicklung.³ Neben der Leserschaft wird somit auch die Kaufkraft der noch verbleibenden Leser sinken.

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³ https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/langzeitstudie-deutschland-verliert-diese-laender-werden-2050-die-groessten-wirtschaftsmaechte-sein_H1201970325_376674/

Die Zeichen unserer Zeit

Die Veränderungen des Medienkonsums bringen weitergehende gesellschaftliche und soziale Veränderungen mit sich, die es gilt im Hinterkopf zu behalten, wenn Produkte und Geschäftsmodelle im Mediensektor entwickelt werden sollen.

Viele Menschen fühlen sich heutzutage von der Schnelllebigkeit und den Verpflichtungen des Alltags gestresst. Menschen stellen eine Reizüberflutung fest, die durch das “immer online” sein verbunden wird. Es prasseln mehr Informationen auf die Menschen ein, als sie “verdauen” können. Weiterhin beklagen sich viele Menschen über eine andauernde Zeitknappheit.

Im Ergebnis fehlt es den Menschen heute an Ruhe und Zeit, um sich konzentriert einem Buch zu widmen. Sich zum Abschalten und runterkommen von Netflix berieseln zu lassen, ist eben einfacher als sich einem Buch zu widmen.

Der große Feind: Netflix, Youtube und co.

Zu den wichtigsten Konkurrenten des Buchkonsums zählen Video-Streaminganbeiter wie Netflix und Youtube. Nutzer sehen im Durchschnitt 5,3 Filme und 20,1 Serien-Episoden pro Monat auf Netflix. So viel Unterhaltung können Bücher im Zeit-/Kostenverhältnis nicht bieten.

Als besonders starke Konkurrenz zum Buch gelten TV-Serien. Die Vorteile bei Serien liegen für den Rezipenten in der geringen geistige Aktivität, die der Serienkonsum benötigt. Der Konsument kann sich “berieseln” lassen. Weil Serien relativ kurz pro Episode sind, ist der Konsum sehr flexibel. Das trifft den Zeitgeist der Zeitknappheit. Auch nehmen Serien eine soziale Funktion ein. Sie können gemeinsam mit Freunden und Partnern konsumiert werden und Serien oder Filme sind heutzutage wichtige Gesprächsthemen. Darüber hinaus punkten Serien durch ein großes Angebot in Tiefe und Breite, es gibt eine Vielzahl von Serien die für jeden Geschmack etwas bieten. Die Streamingservices bieten verhältnismäßig günstige Flatratemodelle und exklusive Inhalte an. Auch unterwegs sind die Streamingangebote über die gängigen Smartphones und Tablets bequem nutzbar. Es macht keinen Unterschied mehr, ob ein Buch in der Bahn oder ein Film auf dem Tablett schaut wird. Durch ausgeklügelte Empfehlungssysteme werden Kunden animiert weitere Inhalte zu entdecken, die zu ihrem Geschmack passen. Viele der hier genannten Funktionen haben früher Bücher oder Buchhandlungen übernommen.

Den Leser zurückerobern?

Bücher gelten als Oasen der Entschleunigung, diametral zu den oben geschilderten Zeichen unserer Zeit. Auch gibt es nach wie vor Buch-Fans, die viele Bücher lesen und konsumieren.

In der Branche wird immer mehr über Möglichkeiten diskutiert, um die Menschen wieder mehr für das Lesen zu begeistern. Die „JETZT EIN BUCH!“-Kampagne des Börsenvereins versucht beispielsweise Aufmerksamkeit für das Produkt Buch zu schaffen. Thalia will Donald Trump als Aufhänger für eine Kampagne zur Lesemotivation nutzen. Unter dem Motto „Donald Trump liest nicht gern“ will Thalia das Image des Lesens stärken.⁴

So gut diese Imagekampagnen für das deutlich an Relevanz verlierende Medium Buch auch gemeint sind, müssen wir der Wahrheit ins Auge blicken. Die Menschen werden nicht auf einmal wieder das Buch entdecken und die neuen, attraktiven anderen Möglichkeiten links liegen lassen.

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https://www.n-tv.de/wirtschaft/Thalia-plant-aggressive-Werbekampagne-article20631846.html

Umdenken!

Anstatt die Leser wieder an das Buch zu fesseln, gilt es neue Wege zu gehen und Geschäftsmodelle, Medien und Produkte neu zu denken.

Ein Bericht des Intellectual Property Office (IPO) aus England sagt, dass junge Leute zwischen 16 und 24 bereit sind für digitale Inhalte zu zahlen und weniger zu Produkt-Piraterie greifen. Wenn die jungen Leute von heute weniger Bücher lesen, scheint zumindest für digitale Inhalte eine höhere Zahlungsbereitschaft zu bestehen.

Verlage sind in der Vergangenheit nicht durch Mut zu neuartigen Geschäftsmodelle aufgefallen. So haben Verlage es beispielsweise verpasst Sprachlern-Videos, wie sie inzwischen millionenfach auf Youtube zu finden sind, zu produzieren. Hochwertige Inhalte in Form von Sprachlern-Büchern waren vorhanden.

Datenbasiertes Veröffentlichen

Nach wie vor entscheiden Lektoren über Veröffentlichungen nach ihrer Erfahrung und ihrem Bauchgefühl. Heute kann zu diesen althergebrachten Methoden auch auf umfangreiche Daten zurückgegriffen, mit denen Entscheidungen empirisch unterstützt werden. Der Einsatz von Daten zur Entscheidung von Veröffentlichungen reicht vom einfachen Trend-Barometer, das über Google Trends abgerufen werden kann, bis hin zu komplexen und individuell gestalteten Datenerhebungen.

Beispielhaft sei hier der Anbieter Jellybooks genannt, der für Belletristikverlage Buchtrends auf Datenbasis ermittelt. Im Wissenschaftsbereich versucht das Projekt KU Open Analytics ähnliches. Der Markt für ein datenbasiertes Verlagsgeschäft steckt noch in den Kinderschuhen. Alle Marktteilnehmer, die hier schon heute aktiv sind, werden aber mit Sicherheit mittelfristig einen deutlichen Wettbewerbsvorteil erhalten.

Ein Blick über den Tellerrand

Weiterhin lohnt es sich über Kooperationen mit Unternehmen außerhalb der klassischen Verlagsbranche nachzudenken. Die Games-Branche wächst nach wie vor stark. Die Umsätze der Games-Branche haben Kino und Musik 2017 überholt.⁵ Games leben immer von starken Geschichten – mit Geschichtenerzählen hat die Verlagsbranche Jahrhunderte an Erfahrung vorzuweisen. Eine großartige Geschichte bleibt eine großartige Geschichte, egal auf welchem Medium sie erzählt wird. War es bis jetzt üblich, dass ein Autor neben Romanen auch mal ein Drehbuch zu einem Film schreibt, wird in Zukunft auch das Plot-Script eines Computerspiels zum Handwerkszeug eines Autors gehören. Geschichten verlaufen hier nicht mehr linear, sondern durch Entscheidungen des Spielers im Game entstehen unterschiedliche Handlungsstränge, die der Autor entwickeln muss.

Mobile Endgeräte bringen, vor allem Smartphones, sind heutzutage ständige Begleiter. Inhalte werden hier anders konsumiert und sind schneller verfügbar. Wie mobile Geräte am besten für Verlagsinhalte nutzbar gemacht werden, steckt auch in den Kinderschuhen. Auch hier gilt es zum einen bestehende Inhalte für die mobilen Geräte aufzubereiten und neue Inhalte von Anfang an auf die mobile Nutzung hin zu konzipieren.

Der große Trend zu Videoinhalten kann auch für Verlagsinhalte nutzbar gemacht werden. Es fehlt noch an wertvollen Videoformaten, die es schaffen Interesse für Verlagspublikationen zu generieren, ohne als bloßes Marketingwerkzeug zu fungieren. Erst wenn Autoren und Marketing zusammen wertvolle Inhalte schaffen, die Nutzer gerne in Videoform konsumieren, kann dieses Medium für die Verlagsbranche erfolgreich sein.

Letztendlich geht es darum, Infrastrukturen in Verlagen zu etablieren, die neue Medien einbinden und Inhalte auf verschiedenen Medien darstellen können.

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https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/umsatz-vergleich-2017-games-kino-musik/

Neues Leseverhalten

Das Leseverhalten der Nutzer ändert sich. Inhalte müssen sich demnach auch ändern. Online lesen Menschen anders als in herkömmlichen Publikationen. Selten wird hier Zeile für Zeile gelesen,  sondern “gescannt und überflogen”. Der Leser geht dabei nach einem F-Muster vor, liest also vor allem die erste Zeile eines Inhaltes, dann die ersten Wörter einer Zeile und nach Abschnitten wieder die erste Zeile. Bei der Erstellung und der Formatierung von Online-Inhalten sollte diese neue Art des Lesens bedacht werden.

Neue Geschäftsmodelle

Um all das bisher Gesagte auch wirtschaftlich erfolgreich im Unternehmen umzusetzen ist es nötig neue Geschäftsmodelle an den Markt zu bringen. Im folgenden werden einige moderne Ansätze, Techniken und Philosophien vorgestellt, die zu qualitativ und wirtschaftlich besseren Produkten führen sollen.

Minimum Viable Product

Ein “Minimum Viable Product” ist ein minimal lebensfähiges Produkt. Nach dieser Philosophie soll ein Produkt mit den minimalen Anforderungen und Eigenschaften möglichst schnell direkt an den Markt gebracht werden. Das Produkt soll am echten Markt mit echten Kunden getestet werden. Nach einem Kundenfeedback wird das Produkt erweitert und verbessert. Die Vorteile dieser Herangehensweise ist, dass das Kostenrisiko für Forschung und Entwicklung vor dem Markteintritt minimiert wird. Das Produkt wird weiter entwickelt, wenn es bereits am Markt ist und schon Umsätze einfährt. Der größte Vorteil liegt jedoch darin, dass der Markt und echte Kundenbedürfnisse früh mit einbezogen werden.

Um mit einem “Minimum Viable Product” erfolgreich zu sein, sind Kundenbefragungen und Analysen der Kundenzufriedenheit elementar. Nicht alle Produkte eignen sich für diese Herangehensweise. Produkte, die sich schwer im Nachhinein anpassen lassen oder schon aus technischen oder rechtlichen Vorgaben eine gewisse Vorlaufzeit benötigen, sind weniger als “Minimum Viable Product” geeignet. Besonders hervortun sich Produkte mit einem hohen Dienstleistungsanteil und Online-Anwendungen. Änderungen an diesen Produkten können schnell von Haus aus vorgenommen werden, ohne dass der Kunde dadurch eingeschränkt fühlt.

Rapid Prototyping

Nah an dem “Minimum Viable Product” ist das Konzept “Rapid Prototyping”. Die Idee ist hier so schnell wie möglich Prototypen zu erstellen und Feedback veinzuholen. Die Prototypen können hierbei rudimentär sein, so dass beispielsweise ein technisches Gerät grob mit Legosteinen konstruiert wird oder eine Online-Anwendung nur aus bemalten und beschrifteten Papier besteht. Es geht darum, die abstrakte Idee schnell in etwas zum Anfassen zu verwandeln, was anderen Menschen vorgeführt werden kann. Diese rudimentäre Herangehensweise hilft dem Erfinder die eigene Idee zu konkretisieren und soll vor allem Feedback von Nutzern einholen, ohne viel Zeit und Ressourcen zu verschwenden.

Erst Markt, dann Produkt

Noch mal eine Nummer drastischer als das “Minimum Viable Product” ist das Konzept “Erst Markt, dann Produkt”. Hier existiert das Produkt noch gar nicht, wird aber schon auf dem Markt angeboten. Lediglich die Idee und Marketinginformationen sind vorhanden. Je nach Produkt kann auch ein optisch ansprechender Prototyp vorhanden sein. Es wird also erst das Angebot geschaffen und, sollte sich tatsächlich ein Markt ergeben, wird erst das Produkt hergestellt. Ein solches Konzept eignet sich nur bei Produkten, die tatsächlich in kürzester Zeit hergestellt werden können. Auch bieten sich hier besonders Produkte an, die als Abo-Modell vertrieben werden. So muss bis zur nächsten Abo-Auslieferung lediglich der dafür relevante Teil produziert werden. Der Starttermin des Abo-Angebotes kann auf einen Zeitpunkt gelegt werden, bis das Produkt tatsächlich umsetzbar ist.

In Zeiten von Print-on-Demand ist dieses Geschäftsmodell für die Verlagsbranche spannend. Bei digitalen Produkten ist die Produktion noch einfacher. Vorstellbar wäre eine fortlaufende Kurzgeschichtenreihe. Die Autoren schreiben erst, sobald die ersten Abonnenten als Kunden gewonnen sind. Verlässliche Autoren, die Deadlines einhalten, sind selbstverständlich Voraussetzung.

Der große Vorteil des “Erst Markt, dann Produkt”-Konzeptes ist, dass quasi kein Kostenrisiko im Vorfeld für die Produktion entsteht. Lediglich die Marketingkosten sind vorhanden. Der Nachteil ist natürlich, dass das Risiko besteht, das Produkt im Markt nicht rechtzeitig liefern zu können. Diesem Risiko kann mit einer sorgfältigen Planung und mit Improvisationstalent gegen gesteuert werden. Vielleicht ist es sogar motivierend für die beteiligten Mitarbeiter das Produkt fertig zu stellen, wenn eine Nachfrage vorhanden ist. Letztendlich muss auch das rechtliche Risiko bedacht werden, dass das Produkt gar nicht an die Kunden ausgeliefert werden kann – entweder weil es aus unvorhersehbaren Gründen nicht funktioniert oder weil doch zu wenig Kunden gekauft haben, als dass es wirtschaftlich wäre. Da immerhin ein Vertrag wurde, können neben einer möglichen Rückzahlung von gezahlten Geld  auch Schadensersatzansprüche bestehen. Produkte, bei denen einem Kunden bei Nichterhalt tatsächlich Schaden entstehen könnte, sollten somit von diesem Konzept ausgeschlossen werden. Im B2C-Bereich und vor allem bei belletristischen Produkten sollte dieses Risiko jedoch gering sein.

Design Thinking

Design Thinking ist eine Projekt-, Innovations-, Portfolio- und/oder Entwicklungsmethode die bisher vor allem bei IT und New-Economy Unternehmen genutzt wird. Doch eigentlich ist Design Thinking in nahezu allen Lebensbereichen anwendbar, in denen Probleme zu lösen sind. Besonders gut funktioniert Design Thinking für Anwendungsgebiete, in denen komplexe und spannende Produkte für Endkunden produziert werden. Ganz besonders die Verlagsbranche kann hier profitieren.

Das Ziel von Design Thinking ist es, den Kunden im Fokus zu nehmen und Geschäftsmodelle in erster Linie nach den Bedürfnissen des Kunden auszurichten. Das hat zur Folge, dass Design Thinking vor allem im B2C Bereich gut funktioniert.

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Erfahren Sie hier mehr in unserem Artikel über Design Thinking.

Trial and Error

“Trial and Error” ist eine ist eine heuristische Methode Probleme zu lösen, bei der so lange zulässige Lösungsmöglichkeiten versucht werden, bis die gewünschte Lösung gefunden wurde. Fehlschläge werden als Teil der Lösung bewertet und willentlich in Kauf genommen. Diese Methode lässt sich in Kombination mit dem oben genannten Minimum Viable Product gut kombinieren.

In der Praxis stellt es sich oft als schwer heraus zu definieren wie Erfolge einer Lösung gemessen werden können und was als Erfolg oder Misserfolg zu interpretieren ist. Hier gilt es schon im Vorfeld objektive Werte zur Erfolgsmessung zu etablieren, Diese KPI´s (Key Performance Indicators) müssen für jedes Projekt individuell definiert werden. Um die Relevanz des Erfolges zu bestimmen, müssen Vergleichszahlen benutzt werden. Entweder sind Daten aus vergleichbaren Projekten vorhanden oder es müssen über den Zeitablauf selbst ermittelte Werte miteinander verglichen werden.

Damit “Trial and Error” wirklich funktioniert und nicht nur ein loses Lippenbekenntnis bleibt ist letztendlich eine Unternehmenskultur notwendig, die Innovationen fördert, Fehler als positive Chance zum Lernen sieht und das lebenslange Lernen als selbstverständlich erkennt.

Weiterhin müssen entsprechende Strukturen vorhanden sein mit denen gewonnenes Wissen und Erfahrungen dokumentiert und mit anderen Mitarbeitern geteilt werden kann. Letztendlich muss auch Kapital zum Ausprobieren zur Verfügung stehen.

Das Prinzip “Trial and Error” ist der eher Deutschland gelebten Denkweise zuwider, in der möglichst viele Fehlerquellen direkt im Vorfeld ausgeschaltet werden sollen und Scheitern als Schande gilt. Akribische Arbeit im Vorfeld mag für hochtechnologische Produkte von Ingenieuren wie in der Maschinenbau- und Automobilbranche angebracht sein. Die eher amerikanische Denkweise, bei der es zügig an die Umsetzung geht und gewisse Risiken in Kauf genommen werden, passt hingegen besser zu Dienstleistungen und digitalen Produkten. Die Risiken in Sachen Sicherheit sowie das eingesetzte Kapital sind in diesen Branchen deutlich niedriger und der Markt schnelllebiger. Wer hier mit einem Produkt zuerst am Markt ist, hat die Nase vorne.

Business Model Canvas

Das Business Model Canvas (kurz: BMC) ist eine Übersicht, die hilft um Geschäftsmodelle und Start-Ups kurz und bündig darzustellen und unternehmerisch zu bewerten. Es wird teilweise vertreten, dass das Business Model Canvas den veralteten Business Plan im weitesten Sinne ersetzen kann. Die Methode ist auch bekannt als Lean Startup.

Das Business Model Canvas besteht aus einem Blatt Papier (am besten A3) auf dem Felder für die Schlüssel-Partner, die Schlüssel-Aktivitäten, das Nutzen-Versprechen, die Kunden-Beziehung, die Kunden-Arten, die Schlüssel-Ressourcen, die Vertriebs- und Kommunikations-Kanäle, die Kosten, die Einnahmequellen, das Team und die Werte zu finden sind. In diesen Feldern wird mit Hilfe von Post-Its das Geschäftsmodell visualisiert und zusammengestellt. Diese Methode sorgt dafür, dass alle relevanten Punkte eines Geschäftsmodells bedacht werden und alles übersichtlich dargestellt wird.

Diese schnelle und übersichtliche Methode, um Geschäftsmodelle zu entwickeln, ist gut geeignet, um direkt in Meetings und nach Präsentationen von Innovationen ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Das Business Model Canvas Sheets kann als regelmäßiges Werkzeug im Team genutzt werden, um ein Gefühl für  Innovationen- und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

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Mehr Informationen zum Business Model Canvas finden Sie hier.
Hier finden sie einen Business Model Canvas zum ausdrucken.

Fazit

Die Lage auf dem Buchmarkt wird schwieriger, doch Unternehmen, die es schaffen die Zeichen der Zeit zu erkennen und neue Geschäftsmodelle am Markt etablieren, stehen auch in Zukunft goldene Zeiten bevor. Noch sind die negativen Auswirkungen auf den Markt minimal. Das Konsumprodukt Buch ist nach wie vor fest in unserer Gesellschaft verankert und die Buchpreisbindung sorgt für einen stabilen Markt. Doch wie oben festgestellt werden die Vielleser in der Masse aussterben. Nicht heute, aber im Laufe der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre.

Das Interesse an Wissen, Geschichten, Entspannung und Entschleunigung ist ungebrochen. Die Herausforderung wird darin liegen, die hierzu passenden Inhalte in den neuen Medien nutzergerecht und wirtschaftlich erfolgreich darzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen neue Geschäftsmodelle erfunden und getestet werden. Nur “bessere” Inhalte zu suchen und auf den alten Wegen zu veröffentlichen wird auf lange Sicht nicht ausreichen.

Um den Weg für neue Geschäftsmodelle zu ebnen, müssen Unternehmen eine Innovationskultur schaffen in der Experimente angestoßen werden, in der aus Fehlern gelernt wird und technologische Entwicklungen beobachtet und mit viel Neugier selbst ausprobiert werden.  Die Perspektive des Kunden sollte im Vordergrund sein. Produkte müssen für den Endkunden entwickelt werden. Die Interessen des eigenen Unternehmens und der Zwischenhändler sollten im Hintergrund stehen.

Letztendlich geht es um eine Unternehmens-philosophie, die nicht antiquierten Geschäftsmodellen hinterherläuft, sondern selbst neue Geschäftsmodelle schafft.

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