1 Jahr DSGVO – Haben Sie an alles gedacht?

1 Jahr DSGVO – Haben Sie an alles gedacht?

1 Jahr DSGVO – Haben Sie an alles gedacht?

Vor gut einem Jahr ist die DSGVO in Kraft getreten und hat viele Unternehmen in Panik versetzt. Nach wenigen Wochen war der erste  Schock bereits verflogen und das Thema Datenschutz ist in vielen Köpfen in Vergessenheit geraten. Die Aufsichtsbehörden, welche die Bußgelder verhängen, fangen jedoch jetzt erst an genauer hinzusehen. Das Thema Datenschutz schleifen zu lassen, kann für Sie heute teuer werden – die DSGVO sieht Bußgelder bis zu 20 Mio. EUR vor.
Am Anfang des neuen Gesetzes war vieles unklar, vor allem die praktische Umsetzung warf viele Fragen auf. Jetzt nach gut einem Jahr sind viele Fragen geklärt.

Wir ziehen Bilanz nach einem Jahr DSGVO und zeigen Ihnen hier die wichtigsten Problemstellungen und wie Sie am besten damit umgehen. So können Sie Ihr Unternehmen vor Abmahnungen und Bußgeldern schützen und letztendlich mehr für den Datenschutz Ihrer Kunden und Mitarbeiter tun.

Die DSGVO gilt für jedes Unternehmen

Jedes Unternehmen verarbeitet in irgendeiner Art und Weise personenbezogene Daten. Das heißt die DSGVO gilt für jedes Unternehmen. Wie intensiv die Auswirkung auf das Unternehmen sind und wie groß die sich daraus ergebenden Verpflichtungen sind, hängen von der Unternehmensgröße ab.

Die Gefahren für Unternehmen

Bußgelder, die von den Aufsichtsbehörden verhängt werden, können bis zu 20 Millionen Euro oder 4% des gesamten Jahresumsatzes eines Unternehmens betragen. In Deutschland wurden bis jetzt (Stand Mai 2019) gegen 75 Unternehmen (meist mittelständische Unternehmen) Bußgelder verhängt. Ein Vielfaches mehr an Prüfverfahren wurden bereits eingeleitet, die nicht oder noch nicht zu Bußgelder geführt haben. Jedes Prüfverfahren bedeutet einen hohen Kosten- und Arbeitsaufwand für das betroffene Unternehmen. Dazu sind noch Abmahnungen aufgrund von Verstößen gegen die DSGVO von Konkurrenten möglich. Und auch die betroffenen Personen selbst können Schadensersatzansprüche gegen Unternehmen stellen, die ihre Daten in Gefahr gebracht haben.

Das Minimum

Um diese Gefahren klein zu halten, sollten mindestens folgende Bereiche Ihres Unternehmens perfekt in Sachen Datenschutz aufgestellt sein:

1. Die Datenschutzerklärungen

Datenschutzerklärungen benötigen Sie auf Ihren Webseiten und immer dann wenn Sie Daten von Personen verarbeiten. Die Datenschutzerklärung auf Ihrer Webseite ist immer einsehbar und gerade deshalb ein leichtes Opfer für Abmahnungen. Aber auch die anderen Datenschutzerklärungen gehen raus in die Öffentlichkeit. Wie viele Datenschutzerklärungen Sie benötigen, hängt von der Anzahl Ihrer Datenverarbeitungs-Prozesse ab. Als Minimum sollten Sie zumindest eine separate Datenschutzerklärungen für Ihre Webseite, den allgemeinen Kunden- / Partnerkontakt und den Bewerbungsprozess vorhalten. Selbstverständlich lässt sich dies auch zu einer großen Datenschutzerklärung zusammenfassen. Wichtig ist es, immer und überall wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden, auf die jeweilige Datenschutzerklärung hinzuweisen! Nutzen Sie hierfür Signaturen in Ihren E-Mails, Fußzeilen in Geschäftsbriefen und Info-Felder in Ihren Social Media-Kanälen. Verlinken Sie von dort auf Ihre Datenschutzerklärungen.

Für einfache Webseiten ohne besondere Erweiterungen finden Sie im Netz Generatoren. Sollten bei Ihnen etwas ausgefallenere Datenverarbeitungsvorgänge stattfinden, ist professionelle Hilfe nötig.

2. SSL-Verschlüsselung

Nach der DSGVO müssen die Daten, die über Kontaktformulare und Verkaufsseiten (z.B. Webshops und E-Commerce) eingegeben werden, verschlüsselt sein. Man erkennt Webseiten mit Verschlüsselung am „https“ vor dem www und dem grünen Schlosssymbol im Browser. Sinnvoll ist es, die ganze Website als jedes Kontaktformular einzeln zu verschlüsseln.

3. Double-Opt-In-Verfahren

Wenn Sie Newsletter per E-Mail an Nicht-Bestandskunden versenden, benötigen Sie die Einwilligung der Empfänger. Hierfür muss das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren (DOI) genutzt werden, in dem der Empfänger noch einmal bestätigt, den Newsletter erhalten zu möchten. Bestandskunden können Newsletter unter bestimmten Bedingungen auch ohne ein Double-Opt-In-Verfahren erhalten. Lesen Sie hierzu weitergehend unseren Artikel zum Marketingrecht. In jedem Fall sollten Sie daran denken, den Link zu Ihrer Datenschutzerklärung im Newsletter unterzubringen.

4. Hinweis im Datenschutz zu Drittanbietern wie Nutzer-Tracking, Cookies, externe Anbieter

Oft sind auf Webseiten Schnittstellen zu dritten Unternehmen integriert. Das können beispielsweise Google Analytics, Social Media-PlugIns von Facebook, Twitter & Co. oder der Youtube-Videoplayer sein. Oft reicht es, passend zu diesen Anbietern einen Hinweis in Ihrer Datenschutzerklärung einzubinden. Jedoch ist nicht garantiert, dass jede Datenverarbeitung über externe Anbieter rechtskonform ist. Hier bietet sich im Zweifelsfall die Überprüfung durch einen Datenschutzexperten an.

5. Auftragsverarbeitungsverträge

Wenn externe Unternehmen Daten für Sie verarbeiten oder Sie dies für andere tun, muss zwischen den beteiligten Parteien ein sogenannter Auftragsverarbeitungsvertrag geschlossen werden. Dazu gehören unter anderem Webhoster, bei dem Sie Ihre Webseite speichern, E-Mail-Provider, Anbieter von Newsletter-Software, Analyse-Anbieter wie Google Analytics, Webdesigner/ Webagenturen, die Zugriff auf die Daten von Kunden haben. Achtung! Beide Seiten sind für den Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrages verantwortlich!

Weitergehende Maßnahmen

Die DSGVO verlangt weiterhin auch die Schulung von Mitarbeitern zum Thema Datenschutz. Auch fallen für Unternehmen umfangreiche Dokumentationspflichten an.

Sind die fünf oben genannten Punkte für Unternehmen ohne besondere Datenverarbeitungsvorgänge auch alleine noch zu bewältigen braucht es spätestens bei den Dokumentationspflichten und Schulungen Rat von Experten. Eine Möglichkeit ist es, selbst im Unternehmen Datenschutzexperten auszubilden und eigene Datenschutzbeauftragte zu bestellen. Alternativ kann es durchaus sinnvoll sein, externe Datenschutzexperten mit ins Boot zu holen – auch nur für einzelne Projekte – für welche im Unternehmen nicht die Fachkenntnisse oder die personellen Ressourcen verfügbar sind.

Der offensichtlichste Fall ist hier ein externer Datenschutzbeauftragter, der das Unternehmen dauerhaft unterstützt, berät und die Datenschutzdokumente pflegt. Einen Datenschutzbeauftragten müssen Sie bestellen, wenn sich bei Ihnen zehn oder mehr Mitarbeiter in Ihrer täglichen Arbeit mit personenbezogenen Daten befassen. Auf Projektbasis ist es in der Regel sinnvoll, die externen Kräfte für Schulungen der Mitarbeiter, Datenschutz-Audits, dem Erstellen von Datenschutz-Leitlinien oder im Vorfeld von neuen Datenverarbeitungsvorgängen ins Unternehmen zu holen.

Wir von juni.com und juni.pro bieten ein umfangreiches Leistungsportfolio rund um das Thema Datenschutz und IT-Sicherheit an. Gerne nehmen wir uns für Sie die Zeit für eine kostenlose Erstberatung. Hierbei lernen Sie uns kennen und und wir analysieren zusammen mit Ihnen, wo wir Sie und Ihr Unternehmen unterstützen können. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an info@juni.com oder rufen Sie unter 069 5077 5780 an! (Die kostenlose Beratung umfasst eine telefonische oder persönliche Erstberatung von bis zu drei Stunden. Dieses Angebot richtet sich nur an Unternehmenskunden.)

Marketingrecht 2019

Marketingrecht 2019

Marketingrecht 2019

In Zeiten von Web-Analytics, Social Media und digitaler Kommunikation ändern sich nicht nur die Technologien und Kommunikationsmethoden, auch das Recht wird angepasst und regelt die Werbung.
Oftmals wird es als lästig empfunden sich neben der kreativen Arbeit im Marketing mit den rechtlich Fragen zu beschäftigen, doch hier lauern Gefahren durch Imageschäden, Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, Schadensersatzansprüche und Abmahnungen.

1. Was ist Marketing im rechtlichen Sinn?

Sucht man nach einer Definition von Marketing, wird man die unterschiedlichsten Antworten bekommen. Für jede Branche und für jedes Unternehmen bedeutet Marketing etwas anderes. Der BGH definiert Werbung wie folgt: “Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.”¹

Der Begriff der Werbung ist demnach weitreichend. Nicht nur unmittelbar auf die Produkte bezogene Maßnahmen sind als Werbung zu verstehen, sondern auch Maßnahmen zur Entwicklung eines Images und dem Aufbau einer Marke. Selbst Aufforderungen eine 5-Sterne Bewertung auf einem Online-Marktplatz zu geben sind Werbung.²

Auch Domainnamen und die Metadaten einer Website sind Werbung.³ Maßnahmen, die das Unternehmen kostenlos anbietet, dabei aber das Ziel verfolgt, später Umsätze zu generieren, sind ebenfalls Werbung. Dies können auch Fachvorträge oder wissenschaftliche Abhandlungen sein.⁴

Zusammenfassend heißt das, dass jede Maßnahme, die darauf abzielt mit ihr in irgendeiner Weise Umsatz zu generieren, Marketing im rechtlichen Sinn ist. Die einschlägigen Gesetze für Werbung und Wettbewerb sind stets zu beachten.

2. Marketingrecht Grundlagen

 


2.1 Lizenzierung von Medien

Marketing lebt von Grafiken, Videos, Ton und Text. Fast immer sind diese Werke urheberrechtlich geschützt und es bedarf einer Lizenz, um sie zu verwenden. Wenn die eigenen Mitarbeiter diese Materialien erstellen, übertragen sie im Rahmen ihres Arbeitsvertrages die Nutzungslizenzen auf das Unternehmen. Komplizierter wird es, wenn fremdes Material genutzt wird.

Damit ein Werk einen urheberrechtlichen Schutz erhält muss es eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen.⁵ Damit ist gemeint, dass eine gewisse Leistung in Sachen Individualität und Kreativität vom Schöpfer aufgebracht werden muss, damit sein Werk etwas so besonderes ist, dass das Urheberrecht ihm Rechte zum Schutz und der Verwertung des Werkes gewährt. Die Grenze dafür ist jedoch gering. Unter dem Begriff “kleine Münze des Urheberrechts” versteht man Werke, die keinen besonders hohen “künstlerischen” Anspruch haben, aber dennoch in den Schutzbereichs des Urheberrechtes fallen. Dies können zum Beispiel kurze Tonfolgen sein oder einfache Fotos, die ohne professionellen Anspruch gemacht wurden (sog. Lichtbildwerke⁶). Die Abgrenzung im Detail ist recht komplex.

Als Daumenformel kann man sich merken, dass es wirklich lizenzfreies Material so gut wie gar nicht gibt und irgendeine Art der Lizenz immer nötig ist. Bei Werbetexten sind als Ausnahme kurze und alltägliche Texte nicht geschützt. Auch ist zu beachten, dass Werke 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers gemeinfrei werden und dann keine Lizenz mehr nötig ist.

Die Nutzung sog. „lizenzfreier“ Medien unterliegt meistens genauen Lizenzbestimmungen, wie zum Beispiel Creative Commons. Man sollte sich vor der Verwendung von vermeintlich lizenzfreiem Material informieren unter welchen Bedingungen das Material verwendet werden darf. Die kommerzielle Nutzung für Werbung ist sogar oft ohne eine weitere zahlungspflichtige Lizenz gar nicht möglich. Bilderdatenbanken sind nicht automatisch immer lizenzfrei. Es kann passieren, dass dort verbotenerweise nicht lizenziertes Material von Nutzern hochgeladen wird.


2.2 Designs, Logos, Grafiken und Schriftzeichen

Für Muster, Logos, Grafiken und typografische Schriftzeichen gibt es spezielle Register in dem diese Designs registriert werden.

Das eingetragene Design entsteht durch Eintragung in das Register des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA). Auf EU-Ebene gibt es das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das durch Eintragung in das Register des Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) entsteht.

Der Unterschied zum Urheberrecht ist hier, dass auch Designs, die nicht die Ansprüche an die Schöpfungshöhe erfüllen, also nicht besonders individuell oder originell sind, so geschützt werden können. Sie müssen lediglich neu sein und sich von den eingetragenen Designs unterscheiden. Auch ein sogenanntes nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist möglich, bietet aber nur 3 Jahre Schutz.

Rechtsverletzend sind ähnliche Muster, die keinen neuen Gesamteindruck hinterlassen.

Oft vergessen wird, dass auch Schriftarten geschützt sein können. Prüfen Sie, ob Sie die Schriftarten, die Sie in Ihren Werbematerialien nutzen, auch nutzen dürfen!


2.3 Verwendung von Marken

Das Marken geschützt sind, ist bekannt. Marken sind jedoch nicht nur erst mit der Eintragung in das Markenregister geschützt, sondern schon die Verwendung der Marke schafft Rechte zum Schutz der Marke. Hier spricht der Fachmann von einem Unternehmenskennzeichen. Die eingetragene Marke bietet jedoch neben besseren Schutzmöglichkeiten die Möglichkeit, die Marke zu übertragen oder weiter zu lizenzieren.

Der rechtliche Begriff Marke bezieht sich auf ein geschütztes Zeichen. Markenzeichen können eine einzelne Darstellung oder eine Kombination von einem oder mehrerer Buchstaben, Zeichen, Wörter, Namen, Slogans, Logos, Symbolen, Bildern, Klängen oder Klangfolgen sein. Auch Erscheinungsformen und Muster von Produkten können Marken sein. Zum Beispiel ist die Form eine Porsche Boxers als 3D-Marke registriert.⁷

Bei der Verwendung von Marken ist eine grundlegende Frage, ob die Gefahr besteht, dass der Verwender der Marke mit dem Markeninhaber verwechselt wird. Besteht eine Verbindung zum Markeninhaber oder eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft? In der Regel wird dies immer zu bejahen sein.

Auch wenn fremde Markennamen in den Titel-Tags, Alt-Attributen, Image-Tags oder Snippets von Webseiten auftauchen kann das eine Markenrechtsverletzung sein.⁸ Domains sind ebenso geschützt. Die Verwendung von Marken als Adword-Keywords sind möglich, wenn die genannte Marke nicht in der Anzeige selbst erscheint und keine Verwechslungsgefahr besteht.

Gestattet ist die Verwendung einer Marke auf einer Webseite, wenn die Marke dort angeboten wird oder wenn die Marke für Produktbeschreibungen notwendig ist.


2.4 Abbildungen von Personen

Wenn eine Person auf einem Foto zu erkennen ist, muss sie der Verwendung ihres Bildes zustimmen.⁹ Ohne Zustimmung ist es grundsätzlich eine Persönlichkeitsverletzung.

Ausnahmen sind in bestimmten Fällen möglich.¹⁰ Es dürfen Bilder von Personen ohne Ihre Einwilligung bei sogenannten Bildnissen der Zeitgeschichte verwendet werden. Dies ist der Fall, wenn das Foto einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse leistet. Hier muss eine Interessenabwägung durchgeführt werden. Inwieweit überwiegt das allgemeine Interesse das Persönlichkeitsrecht? Rein private Angelegenheiten von Prominenten sind somit weitestgehend geschützt.

Weiterhin können Personen auf Fotos abgebildet sein, wenn sie lediglich das Beiwerk einer Landschaft oder Örtlichkeit auf dem Bild sind.

Auch Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgänge an denen der Abgebildete teilgenommen hat, können ohne Einwilligung verwendet werden. Die Veranstaltung muss allerdings in der Öffentlichkeit stattfinden. Rein private Veranstaltungen sind nicht erfasst.


2.5 Irreführende Produktwerbung

Werbung darf die Rezipienten nicht in die Irre führen. Eine Irreführung ist über die Eigenschaften der Produkte möglich. Die Eigenschaften, die in Werbemitteln versprochen werden, müssen auch tatsächlich vom Produkt geleistet werden. Schwieriger ist es mit unbestimmten Begriffen wie “Bio”. Was wirklich “Bio” ist, hängt vom Kontext ab. Für gewisse Warengruppen müssen die Produkte zum Beispiel nach der EG-Öko-Verordnung produziert sein, um sich “Öko” nennen zu dürfen. Weitere Fragen können bei Begriffen wie “Made in Germany” und “Aus eigener Herstellung” aufkommen. Wenn Sie mit “Made in Germany” werben, müssen auch tatsächlich die wichtigsten Arbeitsschritte in Deutschland erbracht worden sein.¹¹

Bei der Werbung mit Testergebnissen und Prüfzeichen müssen Quellen angegeben werden, wo die Testergebnisse und Kriterien der Prüfzeichen zu finden sind.¹² Lockvogelangebote sind besonders günstig oder beliebt und sollen den Kunden ins Geschäft oder auf den Onlineshop locken. Problematisch ist hier oft, dass diese Produkte schnell ausverkauft sind. Weist  der Händler nicht auf die geringe Menge hin, ist dies irreführend.¹³

Bei irreführender Werbung kommt es auf die exakte Formulierung und Wortwahl an. Sie sollten sich immer die Frage stellen, wie nimmt ein potentieller Kunde die Aussage wahr. Im Zweifelsfall bietet sich hier eine Prüfung durch einen Experten besonders an.


2.6 Vergleichende Werbung

In der Werbung eigene Produkte mit fremden Produkten zu vergleichen ist möglich, wenn damit Eigenschaften und Vorteile eines Produktes demonstriert werden.¹⁴ Dies darf nicht irreführend sein und muss sich objektiv an Tatsachen orientieren. Möglich wäre auch eine empfehlende Formulierung wie “Für Fans von…”. Pointierte und ironische Vergleiche sind möglich, solange sie keine echte Herabsetzung des Konkurrenzproduktes sind.


2.7 Preisangaben

Grundlegend müssen Preise als Endpreise, also inklusive aller Preisbestandteile (Umsatzsteuer, alle Versandkosten, zusätzlich anfallende Steuern und Gebühren) angegeben werden.¹⁵ Das heißt, Preise dürfen beispielsweise nicht erst im Warenkorb eines Webshops vollständig angezeigt werden. Ein Sternchentext, der auf die exakten Preisbedingungen verweist ist möglich. Achtung! Diese Pflicht für Preisangaben gilt nicht unter Gewerbetreibenden.


2.8 Direktwerbung

Werbung, die der Empfänger erkennbar nicht wünscht ist illegal.¹⁶ Da Direktwerbung sich konkret an einzelne Empfänger richtet und diese individuell ansprechen will, ist die Gefahr einer “Überflutung” mit Werbung gegeben. Aus diesem Grund  wurden für Direktwerbung hohe rechtliche Hürden geschaffen – vor allem im B2C Bereich.

2.8.1 Postalische Werbung

Bei Werbesendungen mit der Post müssen verschiedene Anwendungsfälle unterschieden werden:

a. Werbung an Bestandskunden

Bestandskunden können Werbung per Post erhalten, wenn bei der Erhebung der Kundendaten die umfangreichen Informationspflichten aus der DSGVO¹⁷ und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb¹⁸ eingehalten wurden. Dazu gehört auch ein Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit¹⁹ gegen die Werbung. Der Verarbeitung von personenbezogenen Daten kann durch die betroffene Person immer widersprochen werden.²⁰

b. Werbebriefe an allgemein zugängliche Adressen

Adressen aus zugänglichen Verzeichnissen wie Telefonbüchern oder Online-Adressverzeichnissen zu nutzen ist möglich. Die oben genannten Informationspflichten müssen eingehalten werden.

c. Werbebriefe an Geschäftskunden

Im B2B-Bereich darf Werbung verschickt werden, wenn theoretisch davon auszugehen ist, dass das angeschriebene Unternehmen die angebotenen Leistungen benötigt. Dies lässt viel Spielraum, um unter Geschäftskunden Werbung zu versenden. Sollten persönliche Ansprechpartner angeschrieben werden, gelten die Informationspflichten und Widerspruchsmöglichkeiten aus der DSGVO ebenso.

Briefwerbung an die juristische Person selbst unter Verwendung ihrer Firma fällt nicht unter die DSGVO, Briefwerbung an namentlich genannte Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitarbeiter einer GmbH hingegen schon.

 

d. Gekaufte oder geliehene Kontaktdaten

Mit Listendaten zu werben ist möglich, verlangt aber noch einmal umfangreiche Informationspflichten. Auch hier gilt, wenn der Empfänger widerspricht, darf auf keinen Fall weitere Werbung versendet werden.


2.8.2 E-Mail Werbung

Um Werbung per E-Mail, SMS, WhatsApp oder in Social Media Nachrichten zu versenden, ist immer eine Einwilligung nötig. Bei Bestandskunden ist dies ausnahmsweise auch ohne Einwilligung möglich. Die Informations- und Widerspruchsmöglichkeiten gelten hier ebenso.

Weil eine E-Mail immer ein personenbezogenes Datum ist, greifen die Anforderungen an Einwilligungen aus der DSGVO.²¹ Bei Internetformularen dürfen die Einwilligungbestätigungen  nicht vorab mit einem Häkchen ausgefüllt sein. Die betroffene Person muss selbst die Einwilligung bestätigen.

Es muss ersichtlich sein, welche Art von Werbung versandt wird. Pauschal in jede Werbung einzuwilligen ist nicht möglich.²² Es wird angenommen, dass eine Einwilligung für 1,5 bis 2 Jahre gültig ist. Die Adressen sollten – wenn möglich – durch ein Double-Opt-In-Verfahren vom Betroffenen bestätigt werden. Die Verwendung von gekauften E-Mail-Adressen ist in der Regel rechtswidrig.


2.8.3 Telefonwerbung

Auch wie bei E-Mails ist bei der Telefonwerbung eine ausdrückliche Einwilligung nötig.

Eine Ausnahme besteht unter Geschäftskunden. Telefonwerbung ist möglich, wenn anzunehmen ist, dass das angerufene Unternehmen die Leistung brauchen kann (vermutete Einwilligung). Allerding spricht schon ein objektiv ungünstiges Angebot dagegen, dass eine solche vermutete Einwilligung vorliegt!

Bei Telefonwerbung darf keine Rufnummernunterdrückung aktiviert sein.


2.9 Social Media-Marketing

Wie auch auf der Unternehmenswebseite gilt in den Social Media-Auftritten eine Impressumspflicht. Ein Impressum muss entweder durch einen Link oder in einem Informationsfeld hinterlegt werden.

Haftungsfragen im Social Media-Bereich können durch fremde Inhalte aufkommen. Vorsicht ist geboten, wenn fremde Posts und Links geteilt werden. Wer sich fremde Inhalte zu eigen macht, muss dafür haften. Dies passiert wenn Sie inhaltlich die Verantwortung für die geteilten Inhalte übernehmen oder erkennbar ist, dass Sie sich mit den fremden Inhalten identifizieren.


2.10 Influencer Marketing

Werbung muss als “Werbung” oder “Anzeige” gekennzeichnet sein. Dies gilt in allen Medien²³, also auch auf Social Media-Plattformen. Problematisch ist die Abgrenzung von redaktionellen Inhalten vor allem bei Influencern. Entscheidend ist die Frage, ob ein kommerzieller Zweck vorliegt. Wenn Geld oder eine andere Zuwendung an den Influencer gegangen ist, ist dieser kommerzielle Zweck selbstredend gegeben.

Ein kommerzieller Zweck ist auch möglich bei selbst gekauften oder kostenlosen Produkten, wenn der Influencer damit den erwähnten oder gezeigten Hersteller der Produkte auf sich aufmerksam machen will, um einen Werbedeal zu bekommen. Das Verlinken durch Tags einer Marke ist unbedenklich, wenn kein Geld geflossen ist oder das Produkt kostenlos war.

Fälle von Influencern werden zur Zeit an mehreren Gerichten verhandelt. Hier kann sich die Rechtslage in absehbarer Zeit noch ändern.

2.11 Webanalytics & Cookies

Problematisch sind Einwilligungsmöglichkeiten zur Datenverarbeitung beim Besuch einer Webseite, denn sobald man die Webseite besucht, können Cookies schon gesetzt werden. Deshalb verwenden einige Websites große Cookie-Banner, auf welchen erst einmal die Datenverarbeitung bestätigt werden muss, bevor man die Website nutzen kann. Das ist ausgesprochen unangenehm für die Nutzer und nur ein kleiner Anteil der Nutzer wird dann tatsächlich zustimmen. Eine klare Lösung gibt es zur Zeit nicht. Viele Experten meinen, dass auch ein einfaches Informationsbanner über die Verwendung von Cookies ausreicht. Auf diesem muss auf die Datenschutzerklärung verlinkt werden, von der aus man Links zum Deaktivieren des Trackings findet. Eine eLösung wird wohl erst die ePrivacy-Verordnung bringen. Bis dahin gilt für Webseitenbetreiber sich regelmäßig zu informieren und gegebenenfalls die Webseite anzupassen.

3. Ein Jahr DSGVO

Nun findet die DSGVO ein gutes Jahr Anwendung und wir blicken auf turbulente Zeiten zurück. Viele Unternehmen hat die DSGVO eiskalt erwischt und Maßnahmen wurden erst getroffen, als es eigentlich schon zu spät war. Auch jetzt noch sind viele Unternehmen nicht zu 100% DSGVO-konform aufgestellt. Die Datenschutzbehörden haben den Unternehmen eine Schonfrist gewährt bevor Verstöße im großen Stil geahndet werden. Diese Schonzeit ist jetzt vorbei und die ersten empfindlichen Bußgelder wurden verhängt. Bußgelder sind bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes möglich.

In der Umsetzung der Anforderungen der DSGVO stößt man immer wieder auf offene Fragen, die sich nicht so einfach beantworten lassen. Bei einem so weitreichenden Gesetz wie der DSGVO ist das nicht verwunderlich. Die Gesetzgeber konnten nicht für jeden Einzelfall konkrete Regelungen treffen. Das Gesetz muss angewandt und ausgelegt werden. Hierbei können immer wieder Fragen aufkommen, die unterschiedlich beantwortet werden. Im letzten Jahr wurde über die Verwendung von Fotos, Klingelschildern, Visitenkarten und sogar Weihnachtswunschzetteln diskutiert. Mögen viele dieser Fragen auch eher akademischer Natur sein, lassen die Diskussionen erkennen, dass noch viele Fragen um die DSGVO unbeantwortet sind. Die 100% korrekte Antwort wird man nicht immer finden. Wichtig ist deshalb jetzt dass man sich Gedanken zu den Fragen macht, die beste erkennbare Lösung wählt und diesen den Prozess dokumentiert.

Mehr zum Thema Datenschutz

Letztes Jahr informierten wir über die  wichtigsten Regelungen der DSGVO in unserer Sonderausgabe zum Datenschutz.

Auf unserer Seite www.elephantpark.de finden Sie weitere  Artikel zu diesem Thema. Besonders empfehlenswert ist der Grundlagen-Artikel zur DSGVO: https://elephantpark.de/datenschutz-fuer-verlage/

3.1 Besondere Gefahren für Bußgelder

Natürlich kann jeder Verstoß gegen die Datenschutzgesetze zu Bußgeldern, Schadensersatzforderungen von Betroffenen oder Abmahnungen führen, doch sind einige Themen besonders gefährlich. Hier sollten Unternehmen besonders gut aufgestellt sein und ihre Hausaufgaben machen.

Auftragsverarbeitungsverträge

Sollte Ihr Unternehmen einen externen Dienstleister zur Datenverarbeitung nutzen oder Ihr Unternehmen selbst ein solcher Dienstleister sein, muss zwischen den Unternehmen ein sogenannter Auftragsverarbeitungsvertrag geschlossen werden. In diesem wird geregelt, wie die Datenverarbeitung gestaltet ist und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Achtung! Beide Seiten sind für den Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrag verantwortlich!

Datenschutzerklärungen

Immer wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden, müssen die betroffenen Personen Informiert sein.²⁴

Offensichtlich ist die Datenschutzerklärung auf Webseiten. Diese kann mit nur wenigen Klicks von jedem erreicht werden. Ein Unternehmen, dass keine oder keine aktuelle Datenschutzerklärung auf seiner Website hat, handelt schwer fahrlässig und lädt zu Bußgeldern und Abmahnungen ein.

Auch bei sonstigen Datenverarbeitungsvorgängen müssen die Informationspflichten eingehalten werden. In der Praxis stößt das Bereithalten von den teilweise seitenlangen Datenschutzerklärungen an seine Grenzen. Es gilt im Einzelfall zu entscheiden, wie und wo diese Datenschutzerklärungen untergebracht werden. Zur Zeit ist eine gängige Lösung zumindest einen Link zur der passenden Datenschutzerklärung in E-Mails und an Werbematerialien anzuhängen. Es gilt abzuwarten, wie sich Behörden und Gerichte diesbezüglich in Zukunft positionieren.

Unverschlüsselte Passwörter

Sollten Passwörter im Klartext auf Servern liegen, ist dies ein gefundenes Fressen für Hacker. Es muss lediglich der meist unzureichend gesicherte Zugang zum Server gehackt werden. Die Gefahren für die Nutzer sind groß. Passwörter müssen zusätzlich verschlüsselt sein, um einen Zugriff darauf zu erschweren.

Auskunftsanfragen

Betroffene Personen haben ein Auskunftsrecht darüber, wie und welche Daten von ihnen verarbeitet werden.²⁵ Die Informationen müssen der betroffenen Person innerhalb eines Monats zur Verfügung gestellt werden. Die Daten müssen sowohl verständlich, als auch als Rohdaten geliefert werden. Auch Hintergrundinformationen über Empfänger, Herkunft und Speicherdauer gehören zu dieser Auskunft.

Wird  diese Auskunft nicht wie gefordert geliefert, kann die betroffene Person das Unternehmen bei einer Datenschutzbehörde melden.


3.2 Umgang mit Bestandsdaten

Weil sich die Rechtslage mit der DSGVO im Mai 2018 geändert hat, stellt sich seitdem die Frage, wie mit Daten von Bestandskunden und Geschäftspartnern umgegangen werden darf.

Hier ist zuerst zu klären, auf welcher aktuellen Rechtsgrundlage die Verarbeitung basieren könnte. Ist keine Rechtsgrundlage erkennbar, müssen die Daten gelöscht werden! Unternehmen können hier als Rechtsgrundlage auf die Einwilligung²⁶, die Erfüllung eines Vertrags²⁷, die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung²⁸ oder aufgrund von berechtigten Interessen²⁹ zurückgreifen.

Sollte die Datenverarbeitung auf Grundlage einer Einwilligung geschehen, muss überprüft werden, ob die alte Einwilligung bereits den Anforderungen der DSGVO entsprochen hat. Wenn dies der Fall ist, gibt es keine weiteren Bedenken.

Ohne Einwilligung kann an Bestandskunden, die auch wirklich gekauft haben, Werbung per E-Mail, SMS oder per Post zugeschickt werden, wenn sie sich auf ähnliche Produkte bezieht und immer auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird.³⁰


3.3 E-Mail-Postfächer

Nahezu jede Speicherung von E-Mails ist datenschutzrechtlich relevant. Personenbezogene Daten, die nicht mehr benötigt werden, müssen gelöscht werden.³¹ Entsprechend müssen auch E-Mails nach Erledigung gelöscht werden. Problematisch ist allerdings, dass E-Mails für eventuell auftretenden rechtlichen Auseinandersetzungen für Beweiszwecke gespeichert werden sollten. Auch machen steuerrechtliche Aufbewahrungspflichten die Speicherung von E-Mails notwendig. Prinzipiell „durchbrechen“ Aufbewahrungspflichten die datenschutzrechtlichen Löschpflichten. Die relevanten E-Mails dürfen also gespeichert werden.

In der Praxis ist aber nur schwer abschätzbar, welche E-Mails wirklich relevant sind und gespeichert werden dürfen. Die einschlägigen Gesetze und Aufbewahrungspflichten können nicht von jedem Mitarbeiter überschaut werden. Hier kann für die Praxis zur Zeit keine hundertprozentige Lösung gefunden werden. Es gibt sogar Stimmen, dass diese Organisation von E-Mails ohne eine KI, die noch erfunden werden müsste, gar nicht möglich ist.

So ist es jetzt empfehlenswert E-Mail-Ordner einzurichten, die sich grob an den Aufbewahrungspflichten und Projekten orientieren. In diesen Ordner werden die E-Mails vorsortiert. Einmal jährlich sollten die so sortierten E-Mails nach dem Datum gefiltert werden und E-Mails, die ausserhalb der Aufbewahrungs- und Verjährungsfristen liegen gelöscht werden. Hier bietet es sich an mit professioneller Beratung ein entsprechendes Löschkonzept zu entwickeln, dass unternehmensweit angewendet wird.

4. ePrivacy-Verordnung

Die ePrivacy-Verordnung ist eine kommende Verordnung auf EU-Ebene, die Datenschutzregeln rund um digitale Kommunikationswege gesetzlich regelt. Als Verordnung ist sie als Gesetz anwendbar und gültig.

Besonders betroffen von der ePrivacy-Verordnung werden Softwareanbieter, Webseitenbetreiber, Marketingstrategen mit digitalem Erfolgs-Tracking und Webshopanbieter.

Eigentlich sollte die ePrivacy-Verordnung als Ergänzung zur DSGVO parallel wirksam werden. Inzwischen ist nicht vor 2022 mit dem Wirksamwerden der ePrivacy-Verordnung zu rechnen. Bis dahin kann sich noch einiges ändern. Wir halten Sie hier im Elephant Park auf dem neustem Stand.

Der vollständige Name der ePrivacy-Verordnung lautet übrigens “Verordnung über die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/58/EG (Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation)”


Ziele der ePrivacy-Verordnung

Das Hauptziel der ePrivacy-Verordnung ist es, die elektronische Kommunikation zu regeln und die veraltete ePrivacy-Richtlinie aus dem Jahr 2002 zu ersetzen.

Mit der ePrivacy-Verordnung soll der Schutz von Daten natürlicher und juristischer Personen bei der Bereitstellung und Nutzung elektronischer Kommunikationsdienste sichergestellt werden. Es werden also anders als bei der DSGVO auch nichtpersonenbezogene Daten geschützt. Sie wird relevant, wenn elektronische Kommunikationsdaten über Dienste wie Internet, Telefon, Skype, WhatsApp, E-Mail und Hotspots verarbeitet werden. Geschützt werden sowohl die Kommunikationsinhalte selbst, als auch jene Daten, die nebenbei anfallen (sog. Kommunikationsmetadaten).

Abgrenzung zur DSGVO

Die ePrivacy-Verordnung schützt vor allem den Prozess der Übermittlung von Daten. Inhalte sollen während des End-to-End-Austauschs zwischen Endnutzern bis zu dem Moment, in dem der Empfänger die Kontrolle über den Inhalt erlangt, geschützt werden. Ab diesem Moment kommt der Schutz durch die DSGVO zum Tragen.

Cookies

Können Cookies heute nach überwiegender Meinung auch ohne Einwilligung genutzt werden, soll die ePrivacy-Verordnung den Gebrauch von Cookies ausschließlich nur mit einer  Nutzereinwilligung ermöglichen. Ohne Einwilligung sollen nur solche Cookies gesetzt werden, die für wesentliche Funktionen der Website notwendig sind. Heute wird vor allem eine Opt-Out Lösung genutzt, nach der ein Nutzer im Nachhinein der Verwendung von Cookies widersprechen kann. Diese Lösung wird mit der ePrivacy-Verordnung nicht mehr ausreichen.

Zur Zeit sind jedoch einige Ausnahmen geplant, bei welchen auch ohne eine vorherige Einwilligung Cookies genutzt werden dürfen. Zumindest das Messen der Besucherzahlen wird weiter möglich bleiben. Ob und inwieweit andere Daten aus Webanalytics ohne Einwilligung genutzt werden dürfen ist noch unklar.

Inhalte der ePrivacy-Verordnung

Datenverarbeitung und -Speicherung:

Sollen Daten gespeichert werden, ist dafür eine Zustimmung in Form eine Opt-In-Verfahrens notwendig. Das betrifft vor allem Serverdaten und Tracking-Systeme wie Google Analytics. Unklar bleibt, welche Ausnahmen es von dieser strengen Zustimmungsregelung geben wird.

Das „Recht auf Vergessenwerden“

Nutzer sollen alle sechs Monate die Möglichkeit haben, bereits erteilte Einwilligungen zu widerrufen. Daten sollen auch aus Backups löschbar sein. Aus diesen Regelungen ergeben sich hohe technische Anforderungen an Datenbanken.

Privatsphäre-Einstellungen

höhere Anforderungen an Sicherheit und Schutz gegen Hacker

Rufnummernunterdrückung

Alle Telefongeräte müssen die Möglichkeit haben eine Rufnummernunterdrückung zu aktivieren. Eintragungen in Telefonbücher dürfen nur mit Einwilligung geschehen.

Direktwerbung

Unerbetene Kommunikation soll eingedämmt werden. Somit sollen auch Kunden kostenlos und einfach gegen Direktwerbung widersprechen können.

 

 Strafen

Die Strafen sollen ähnlich hoch wie bei der DSGVO ausfallen.

 

Zeitplan der ePrivacy-Verordnung

Der endgültige Inhalt muss von EU-Kommission, EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union in zukünftigen Trilog-Verhandlungen beschlossen werden. Durch die Europawahlen 2019 wird sich der Gesetzgebungsprozess noch einmal verlangsamen.

_____________________________________________________________________________________________
¹ Vgl. BGH, Urteil vom 12.9.2013 – I ZR 208/12 – Empfehlungs-E-Mail
² BGH; Urteil vom 10.7.2018 – VI ZR 225/17 – Kundenzufriedenheitsumfrage
³
BGH; Urteil vom 28.11.2013 – I ZR 34/13 – Kostenlose Schätzung
OLG Hamburg; Urteil vom 4.12.2008 – 3 U 152/07 – Fachinformation
⁵ § 2 Abs. 2 UrhG
⁶ § 72 UrhG
⁷ BGH; Urteil vom 15. Dezember 2005 – I ZB 33/04 – Porsche Boxster
⁸ BGH; Urteil vom 4.2.2010 – I ZR 51/08 – POWER BALL / OLG Düsseldorf; Urteil vom 22.11.2011,
   I-20 U 68/11
⁹ § 22 KUG
¹⁰ Alle Ausnahmen finden Sie in § 23 KUG
¹¹ BGH; Urteil vom 27.11.2014 – I ZR 16/14 – Kondome Made in Germany
¹² BGH; Urteil vom 16.7.2009 – I ZR 50/07 – Kamerakauf im Internet
¹³ BGH; Urteil vom 10.2.2011, I ZR 183/09 – Irische Butter
¹⁴ § 6 UWG
¹⁵ Die Regelungen hierzu finden Sie in der Preisangabenverordnung (PanGV)
¹⁶ § 7 UWG
¹⁷ Art. 13 DSGVO
¹⁸ § 5a Abs. 2 bis 4 UWG
¹⁹ § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG
²⁰ Art. 21 Abs. 2 DSGVO
²¹ Art. 7 DSGVO
²² Art. 4 Nr. 11 DSGVO
²³ § 6  Abs. 1 Nr. 1  TMG; § 58 Abs. 1 RStV; § 3 Abs. 3 UWG
²⁴ Art. 13 & 14 DSGVO
²⁵ Art.15 DSGVO
²⁶ Art. 6 Abs. lit. a DSGVO
²⁷ Art. 6 Abs. lit. b DSGVO
²⁸ Art. 6 Abs. lit. c DSGVO
²⁹ Art. 6 Abs. lit. f DSGVO
³⁰ Art. 7 Abs. 3 UWG
³¹ Art. 17 Abs. lit a DSGVO

 

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Das Ende des freien Internets? – Artikel 13 der EU-Urheberrechtsrichtlinie ist beschlossen

Es wird viel über die EU-Urheberrechtsrichtlinie diskutiert – niemand weiß was wirklich drin steht. Wir haben den besonders umstritten Artikel 13 unter die Lupe genommen und erklären hier, was er enthält und wo die Fallstricke liegen.

Wohl noch nie hat ein Gesetzgebungsverfahren die Netzgemeinde so bewegt wie der Gesetzgebungsprozess rund um die europäische Urheberrechtsrichtlinie. Mit einer Verspätung von zwei Monaten sind nun die Trilogverhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat der Europäischen Union und dem Europäischen Parlament beendet. Am 13. Februar 2019 wurde über die endgültige Fassung der Richtlinie abgestimmt. Über das Pro und Contra sowie die Positionen der Interessenvertreter berichteten wir bereits im Dezember.

Im April muss das EU-Parlament letztmalig über die Richtlinie abstimmen. Hier könnte sich nochmal etwas ändern, zumindest die Gegner der Richtlinie machen zur Zeit mobil, um auf diese letzte Abstimmung noch einmal einzuwirken.

Anschließend verbleiben den einzelnen Mitgliedstaaten zwei Jahre, um die in der Richtlinie gesetzen Regelungen in nationale Gesetze umzusetzen. Hierbei haben die Länder einigen Handlungsspielraum. Die Auswirkungen der Richtlinie im Detail sind daher noch nicht abschätzbar.

Wen betrifft Artikel 13 überhaupt?

Von der Richtlinie sind Anbieter von Diensten zur gemeinsamen Nutzung von Online-Inhalten betroffen, deren Hauptzweck darin besteht, dass von den Nutzern eine große Anzahl von urheberrechtlich geschützten Werke hochgeladen wird. Das sind Dienste wie Youtube oder Facebook.

Hier werden voraussichtlich viele Anbieter und Websites gar nicht erst von der Richtlinie betroffen sein, sofern der Hauptzweck nicht das Hochladen von Inhalten ist. Non-Profit Online Enzyklopädien (z.B Wikipedia), Non-Profit-Bibliotheken, Open-Source-Software, Online-Marktplätze und Business-to-Business-Cloud-Services sowie Cloud Services für den privaten Gebrauch sind direkt ausgenommen.

Start-Ups die diesen Hauptzweck erfüllen, sind war betroffen, werden aber privilegiert behandelt. Dazu unten mehr. Sicher betroffen sind Fotodatenbanken, kommerzielle Foren und soziale Netzwerke.

Die Haftung für illegale Inhalte wird auf den Dienstanbieter verschoben

Schon im Moment, in dem ein Nutzer einen Inhalt auf einer Plattform hochlädt, liegt eine öffentliche Zugänglichmachung durch den Dienst selbst vor. Das war bis jetzt umstritten und bisher vertrat der Europäische Gerichtshof eine andere Ansicht. Da der Nutzer das Hochladen veranlasse, sei auch nur der Nutzer für die öffentliche Zugänglichmachung verantwortlich, so das Argument des EUGH. Sollte der Inhalt bereits veröffentlicht worden sein, – also nur eine Kopie hochgeladen werden – lag nach dieser Auffassung auch keine öffentliche Zugänglichmachung durch den Nutzer vor. Die Dienstanbieter waren mit der bisherigen Rechtsprechung somit relativ sicher. Bisher musste der Dienstanbieter illegal auf der Plattform hochgeladene Inhalte erst löschen, wenn er Kenntnis von den illegalen Inhalten hatte. Dieser Streit wird in Zukunft durch Artikel 13 Absatz 1 entschieden. Die Verantwortung liegt fortan direkt beim Dienstanbieter.

Zukünftig sollen die Diensteanbieter Lizenzvereinbarungen mit Rechteinhabern treffen, um eine Genehmigung zur Veröffentlichung der Inhalte zu besitzen. Bisher musste jeder Nutzer, der fremde Inhalte verwendet, selbst Lizenzen von den Rechteinhabern erhalten. So zumindest in der Theorie. In der Praxis wurde dies wohl nur selten getan.

Die Lizenzvereinbarungen zwischen Dienstanbieter und Rechteinhabern sollen die Uploads von kleinen Nutzern, die keine nennenswerten Einnahmen mit ihre Tätigkeit auf der Plattform erzielen, abdecken. Der Hobby-Youtuber oder Micro-Influencer muss demnach dann keine eigenen Lizenzverträge abschließen, das übernimmt sozusagen die Plattform für ihn. Viele berühmte Youtuber, Podcaster oder Influencer benötigen weiterhin eigene Lizenzverträge, wenn sie fremde Inhalte nutzen. Das ist ohne den Artikel 13 auch jetzt schon notwendig.

In der Konsequenz wird man voraussichtlich nicht mehr gegen kleine Nutzer vorgehen können, die illegal Inhalte hochladen. Für die Inhalte der kleinen Nutzer ist die Plattform verantwortlich, die großen Nutzer müssen selbst Lizenzen einholen.

So kommen die Dienstanbieter aus der Haftung

Gibt es keine Genehmigung der Rechteinhaber haften die Plattformbetreiber. Wie diese Lizenzvereinbarungen in der Praxis geschlossen werden sollen ist unklar. Heutzutage ist praktisch jeder Mensch Rechteinhaber, weil er mit seinem Smartphone Bilder und Videos erstellt. Die Plattformen können unmöglich mit allen Menschen Lizenzvereinbarungen schließen. Auch stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Lizenzvereinbarungen getroffen werden müssen.

Die Haftung der Plattformbetreiber kann ausgeschlossen werden, wenn Sie nachweisen können, dass sie alle Anstrengungen unternommen haben, um eine Genehmigung des Rechteinhabers zu erhalten. Auch hier ist unklar, wie das in der Praxis umgesetzt werden soll.

Auch ist es möglich die Haftung auszuschließen, wenn der Plattformbetreiber alle Anstrengungen unternommen hat, um eine Veröffentlichung der nicht lizenzierten Inhalte zu verhindern. Hinter dieser Bedingung verstecken sich die vielfach kritisierten Upload-Filter, auch wenn die Richtlinie den Begriff nicht verwendet. Das von Youtube verwendete Content ID-Verfahren ist vergleichbar mit einem solchen Upload-Filter.

Hierfür müssen die Rechteinhaber alle ihre Inhalte der Plattform melden – auch die Inhalte, die nicht mit der Plattform lizenziert wurden, damit die Plattform überhaupt erkennen kann dass sie diese Inhalte gar nicht nutzen darf.

Die dritte Möglichkeit, um aus der Haftung zu kommen, besteht für die Plattformbetreiber darin, dass illegale Inhalte, die trotz allen Lizenzvereinbarungen und Upload-Filtern auf der Plattform gelandet sind, unverzüglich nach einer Mitteilung durch den Rechteinhaber zu löschen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass auch für die Zukunft sichergestellt wird, dass derselbe Rechtsverstoß nicht erneut vorkommt.

Wie umfangreich oder teuer diese Maßnahmen für die Plattformbetreiber sein müssen hängt davon ab, in welchem Verhältnis sie zu Größe und Reichweite der Plattform stehen. Eine kleine Plattform muss nicht die technische und rechtliche Infrastruktur auffahren wie beispielsweise Youtube.

Gänzlich ausgenommen von den Filtermechanismen sind, wie oben bereits angedeutet, Start-Ups, die nicht älter als 3 Jahre in der EU am Markt sind und die nicht mehr als 10 Millionen Euro Umsatz machen. Diese müssen sich lediglich bemühen, die nötigen Lizenzen abzuschließen.

Ab 5 Millionen Nutzern steigen die Anforderungen zur Abwendung von Rechtsverstößen. Nachdem ein illegaler Inhalt einmal auf der Plattform aufgetaucht ist, muss unterbunden werden, dass dies wieder geschieht. Diese Regelung ist nicht neu und wird heute schon vom Bundesgerichtshof gefordert.

Im Ergebnis ergeben sich einige Möglichkeiten für die Plattformbetreiber mit der veränderten Haftungslage umzugehen.

Karikaturen, Parodien, Zitate

Besonders kritisiert wurde, dass Karikaturen, Parodien und Zitate von den technischen Filtermechanismen nicht erkannt werden und somit ein unrechtmäßiger Eingriff in die Meinungsfreiheit entsteht. Bekannte Beispiele sind Memes, die Ausschnitte aus Spielfilmen in einem humorvollem Kontext darstellen. Die Richtlinie verlangt, dass Karikaturen, Parodien und Zitate weiterhin möglich sein müssen. Wie das sichergestellt werden soll, bleibt ebenfalls offen.

Weitere Anforderungen

Eine weitere Anforderung des Artikel 13 ist, dass sich aus der Anwendung der Richtlinie keine Überwachung der Nutzer ergeben darf oder Personen identifiziert werden können.

Weiterhin müssen wirksame und schnelle Beschwerdemöglichkeiten von den Plattformbetreibern bereitgehalten werden um Streitigkeiten zu klären. Streitigkeiten sollen auch außergerichtlich geklärt werden können. Hier müssen die nationalen Gesetzgeber eventuell entsprechende Rechtsbehelfe schaffen.

Wenn Inhalte wieder gelöscht werden sollen, weil Rechteinhaber dies fordern, muss dies mit einer menschlichen Überprüfung geschehen. Hierfür müssen die Dienstanbieter genügend Personal bereit halten.

Unklarheiten bei der Umsetzung

Die große Frage ist nach wie vor, wie,wann und mit wem Lizenzen abgeschlossen werden sollen. Dazu sagt die Richtlinie nichts. Das mag mit den großen Verlagen, Labels und Verwertungsgesellschaften relativ einfach sein. Hier können die Plattformbetreiber mit nur wenigen Verträgen viele Lizenzen abschließen. Im digitalen Zeitalter, in dem jeder Mensch ohne große Hürden Urheber ist, wird es spannend wie die Plattformbetreiber diese Lizenzpflichten in der Praxis umsetzen.

Neben all der unbegründeten Weltuntergangsstimmung rund im die Richtlinie ist dies wohl das größte Manko der Richtlinie: Sie verlangt hohe Anforderungen von den Plattformbetreibern, verschweigt aber gänzlich wie diese in der Praxis erreicht werden. Zumindest verspricht die Richtlinie schon jetzt, dass die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Dienstanbietern, Rechteinhaber, Nutzerverbänden und Interessengruppen Leitlinien zur Umsetzung heraus gibt.

Für die Umsetzung in der Praxis werden die IT- und Rechtsabteilungen der Dienstanbieter jedoch einiges zu leisten haben. Zuerst sind die nationalen Gesetzgeber im Zugzwang aus den abstrakten Anforderungen der EU-Richtlinie konkrete Gesetze zu machen, die hoffentlich mehr Informationen zur Umsetzung enthalten.

Europäisches Urheberrecht

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Kinder auf deutschen Schulhöfen klagen lauthals, dass es youtube 2019 nicht mehr geben wird.

Europäisches Urheberrecht

von Uplaodfiltern, Linksteuern, Lobbyschlachten und politischer Debatte im digitalen Zeitalter

Nach einer hitzigen medienwirksamen Debatte im September 2018 verabschiedete das EU-Parlament den Richtlinienentwurf  “Über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“. Noch ist die Richtlinie nicht abgeschlossen und das Thema polarisiert weiterhin stark.

Befürworter der geplanten Regelungen sind vor allem auf der Seite der Rechteinhaber zu finden, zum Beispiel den Verwertungsgesellschaften und Verlagen wie Axel Springer. Auf der anderen Seite stehen Seite vor allem Verbraucherschützer, Bürgerrechtsorganisationen und die Internetwirtschaft wie Youtube, Google und Facebook.

Der aktuelle Stand

Im September 2018 beschloss das EU-Parlament mit knapper Mehrheit den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt. Die Abstimmung war ein zweiter Anlauf, nachdem ein erster Entwurf Anfang Juli gescheitert war.

Nach der Abstimmung  verhandeln Mitglieder des EU-Parlaments gemeinsam mit der EU-Kommission und dem Rat der Mitgliedsstaaten im sogenannten Trilog über die endgültige Fassung der Richtlinie, im Detail stehen auch noch Entscheidungen aus. Hier sind jedoch keine großen Verwerfungen mehr zu erwarten. Dennoch sprechen sich jetzt schon einige Mitgliedstaaten gegen die Richtlinie aus oder sind noch unentschlossen. Wenn auch sehr unwahrscheinlich, es besteht noch immer die Chance, dass die Richtlinie kippt, was aber eher unwahrscheinlich ist.

Ein Ergebnis wird für den 13. Dezember erwartet. Die Richtlinie soll noch in der aktuellen Legislaturperiode des EU-Parlaments bis Mitte 2019 endgültig fertiggestellt und verabschiedet werden.¹

Beschlossene EU-Richtlinien müssen von den Mitgliedstaaten noch in eigenen staatliche Gesetzen umgesetzt werden, bevor sie volle Wirkung entfalten.

Die kritischen Punkte

Die Richtlinie ist vor allem unter den Stichworten “Uploadfilter” und “Linksteuer” in den Medien bekannt geworden. Diese Begriffe benutzen vor allem die Kritiker, um ihre Kritik mit einfachen Begriffen greifbar zu machen. Tatsächlich ist von Uploadfiltern und Linksteuer in der Richtlinie nichts zu lesen. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Regelungen, die hinter den Kampfbegriffen stecken, blieb bisher aus.

Als “Uploadfilter” oder “Zensurmaschine” wurde Artikel 13 des Entwurfes verstanden. Nach Artikel 13 sollen Internetunternehmen für von Nutzern illegal hochgeladene Inhalte unmittelbar haften. Bisher galt, dass die Internetunternehmen erst ab Kenntnis über den bei Ihnen illegal gehosteten Inhalt haften. In der Konsequenz musste das Internetunternehmen nach aktueller Rechtslage bisher erst ab der Kenntnis den illegalen Inhalt löschen. Unklar ist, ob zukünftig das Internetunternehmen die Chance erhält, doch noch aus der Haftung zu kommen, zum Beispiel durch den Einsatz von technischen und organisatorischen Methoden, die illegale Inhalte verhindern sollen.

Ein technischer Inhaltserkennungsdienst könnte in Zukunft eingesetzt werden, um direkt nach dem Upload den Inhalt zu überprüfen und festzustellen, ob das Internetunternehmen eine Lizenz vom echten Rechteinhaber besitzt. Sollte so eine Lizenz nicht vorhanden sein, müsste der Inhalt sofort gelöscht werden, ohne dass er überhaupt öffentlich wird. Dieses Vorgehen wird als “Uploadfilter” bezeichnet.

Ob ein solcher “Uploadfilter” verpflichtend ist, ist noch nicht endgültig geklärt. Er könnte allerdings in der Praxis nötig sein, damit das Unternehmen Inhalte selbsttätig Inhalte filtert um zu überprüfen ob eine entsprechende Lizenz zur Nutzung vorhanden ist. Sollte das Internetunternehmen nicht weitreichende Lizenzen abschließen, müssen alle Inhalte ohne Lizenz durch den Filter gelöscht werden, bevor sie überhaupt auf der Plattform des Unternehmens veröffentlicht werden.

Daran schließt sich die entscheidende Frage an, nach welchen Kriterien Inhalte analysiert und gefiltert werden sollen.

Eine mögliche Gefahr ist hier, dass auch Inhalte vom Erkennungsdienst herausgefiltert werden, die eigentlich gar nicht illegal sind. Dies könnte beispielsweise bei Zitaten passieren, die nach § 51 Urheberrechtsgesetz ohne Lizenz genutzt werden können. Auch Parodien wie Memes, die nach § 24 Urheberrechtsgesetz als freie Benutzung gestattet sind, könnten vom Erkennungsdienst fälschlicherweise herausgefiltert werden, weil der dahinter stehende Algorithmus die feinen Nuancen einer Parodie nicht vom Original unterscheiden kann. Dieses technische Risiko wird von den Kritikern als Einschnitt in die Kunst- und Meinungsfreiheit gesehen. Bisher waren jedoch vor allem die Rechteinhaber im Nachteil. Bis ein Internetunternehmen von den illegalen Inhalten erfährt, werden bereits Downloads, Views und Klicks generiert, woraus das Internetunternehmen durch Traffic, Abonnements und Werbung wirtschaftliche Vorteile erhält.

Wie in der Praxis mit den Millionen von kleinen Rechteinhabern, die nicht in großen Verwertungsgesellschaften, Labels und Verlagen organisiert sind, Lizenzen geschlossen werden ist noch unklar.

Einen Erkennungsdienst für Inhalte nutzt Youtube unter dem Namen Content ID übrigens schon seit Jahren. Hiermit werden Inhalte auf Youtube identifiziert, die Rechteinhaber dort registriert haben. Sollte ein Nutzer einen registrierten Inhalt hochladen, kann der Rechteinhaber bestimmen, was mit dem Inhalt passieren soll. Er kann ihn beispielsweise löschen, freischalten oder monetarisieren lassen also sich an den Werbeeinnahmen, die im Rahmen dieses Inhaltes von Youtube erwirtschaftet werden, beteiligen.

Linksteuer

Wenn ein Internetdienst zusätzlich mit einem Link Textauszüge,  sogenannte Snippets oder Anleser, zeigt, soll dieser in Zukunft nach Artikel 11 der Richtlinie dafür Lizenzgebühren an die Rechteinhaber zahlen. Dieses Leistungsschutzrecht hat in der öffentlichen Debatte den Namen “Linksteuer” erhalten. Der Name ist verwirrend, denn weder ist hier eine Steuer fällig, noch muss für den Link an sich bezahlt werden. Es geht darum, ob für Ausschnitte eines Textes eine Lizenzgebühr fällig ist, wenn mit einem Link auf diesen Text verwiesen wird.

Die Kritiker der Richtlinie vergleichen Anleser mit den Titelblättern von Zeitungen in einem Kiosk. Demnach müssten auch Kioskbetreiber dafür zahlen, wenn Passanten am Kiosk vorbei gehen. Anleser sind Werbung, keine Inhalte, so die Kritiker.

Die Regelung des Richtlinienentwurfs zielt vor allem auf Nachrichten-Aggregatoren wie Google News. In Deutschland und Spanien wurde ein solches Leistungsschutzrecht bereits eingeführt. In Spanien führte dies dazu, dass Google den News-Dienst eingestellt hat. In Deutschland gewährten nahezu alle Rechteinhaber Google eine kostenlose Lizenz, weil Google sonst die Inhalte nicht mehr angezeigt hätte und somit keine Klicks mehr über Google News generiert worden wären. Nun besteht die Hoffnung, dass mithilfe einer EU-weiten Regelung der Internetgigant Google in die Knie gezwungen wird, weil nun die Verhandlungsmacht der Verlage gewachsen ist.

Die Lobbyschlacht

Das Argument, dass die Richtlinie oder das Nichtbestehen eben dieser nur dem Interesse von mächtigen Unternehmen zu Gute komme und nicht der Gesellschaft dient, wird merkwürdigerweise von beiden Seiten vorgebracht. Die Kritiker sehen die großen Verlage wie Axel Springer durch die Richtlinie bevorteilt, die Befürworter sehen Google, Facebook und Youtube im Vorteil, sollte die Richtlinie nicht zustande kommen. Tatsächlich stehen sich auf beiden Seiten mehr oder weniger mächtige wirtschaftliche Akteure gegenüber, die von der Richtlinie unterschiedlich betroffen wären. Auf der Seite der Gegner steht die Internetwirtschaft, also Plattformbetreiber, Soziale Netzwerke, Suchmaschinen und Webhoster, deren Geschäftsmodelle weitgehend darauf aufbauen, fremde Inhalte auf ihren Plattformen zu vermarkten. Die andere Seite sind die Rechteinhaber, also die Verleger, Produzenten, Künstler und Kreativen, die Inhalte erstellen, die heutzutage auf  Internetanbieter angewiesen sind, diese Inhalte zu bewerben oder in Partnerschaft zu monetarisieren.

Im Zuge des Richtlinienentwurfs kam es zu einer regelrechten Lobbyschlacht zwischen den betroffenen Akteuren. In einem Spannungsfeld zwischen den Gegnern stehen die Nutzer und Privatleute. Auf der einen Seite wollen die Nutzer günstige und möglichst einfach zugängliche Inhalte. Auf der anderen Seite muss für dieses Angebot ein stabiler Markt bestehen, in welchem den Kreativen finanzielle Mittel zur Erstellung von hochwertigen Inhalten zur Verfügung stehen.

Die Lobbyarbeit der Rechteinhaber und Internetunternehmen zielt darauf ab, die Nutzer auf ihre jeweilige Seite zu ziehen und somit die Entscheidung der Parlamentarier zu beeinflussen. Die Rechteinhaber brachten Themen wie die Eindämmung des Internetkapitalismus, der Schutz der finanziell unabhängigen Presse und des Qualitätsjournalismus sowie die Eindämmung von Fake News auf die Tagesordnung. Die Gegenseite brachte Begriffe wie die Gefahr der Netzneutralität und Meinungsfreiheit, den Medienwandel und, wie schon oben genannt, die Uplodfilter und die Linksteuer ins Spiel. Dass es diese beiden Begriffe so in den Fokus der Debatte geschafft haben, zeigt, dass die Seite der Richtlinengegner zumindest in Punkto Öffentlichkeitsarbeit die Nase vorn hat.

Youtube fällt mit widersprüchlichen Aussagen auf

Obwohl Youtube schon Vorreiter in Sachen Inhaltserkennung ist hat sich Susan Wojcicki, die Chefin von Youtube, an die „Creators“ von Inhalten auf Youtube gewand und sich gegen die Richtlinie ausgesprochen. Durch die Richtlinie sei die „beeindruckende Kreativwirtschaft“ gefährdet und die Richtlinie bedeute eine “klare Bedrohung für euren Lebensunterhalt“.² Tatsächlich hat die Richtlinie das Ziel die Kreativen, die „Creators“, zu schützen und die Internetgiganten zu fairen Lizenzen zu bewegen. Wojcicki verdreht hier Ursache und Wirkung. In der Vergangenheit ist Youtube bereits negativ aufgefallen weil sich das Unternehmen über Jahre nicht mit der GEMA auf faire Lizenzen für Musik einigen konnte. Dies führte zu den bekannten Sperrtafeln für Inhalte, bei welchen es Youtube so aussehen ließ, als würde die GEMA die Videos sperren lassen. Jedoch war es Youtube selbst, welche die Videos aus Angst sperrten, damit die Rechteinhaber gegen die lizenzlose Nutzung nicht vorgehen.

Der Meinungskampf mit Bits und Bytes

Nicht nur verbal wurde um die Richtlinie gerungen. Auch auf technischer Seite wurde der Kampf fortgesetzt. Von Seiten der Gegner der Richtlinie sind  mit Hilfe von Bots und DDoS-Attacken angeblich vor der Abstimmung schätzungsweise sechs Millionen E-Mails an EU-Abgeordnete versendet worden,die vorspielen sollten, dass die Nachrichten von besorgten Bürger stammen. Hinter einem der Initiatoren dieses Massenmailings steht die Organisation saveyourinterent.eu, die über mehrere Ebenen mit der amerikanischen Industrievereinigung Computer & Communications Industry Organization verbunden ist, der Amazon, Facebook, Google und Uber angehören. In den sozialen Medien wurde die botgesteuerte Meinungsmache auch fortgesetzt und es sollen Gesprächsleitfäden für Telefonate mit Abgeordneten im Umlauf gewesen sein. Sogar von Morddrohungen gegen Abgeordnete wird berichtet, tatsächlich sind einige Abgeordnete aus Angst nicht zur Abstimmung erschienen.³

Der Untergang des Internets

Von den Kritikern der Richtlinie wird wortwörtlich der Untergang des Internets beschoren. Das Internet, wie wir es heute kennen, gebe es mit der Richtlinie nicht mehr.

Die Netzneutralität sei gefährdet, weil das freie Teilen von Inhalten verhindert wird und hier vor allem Blogger, kleinere Newsseiten und sogar private Nutzer treffen wird, so die Kritiker. In der letzten Fassung des Richtlinienentwurfs wurden Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen explizit aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen. Hier waren die Kritiker erfolgreich. Ob das Teilen von Inhalten ohne Lizenz auf den großen Plattformen wie Facebook, Google und Co. tatsächlich eine Bedingung für die vielbeschworene Netzneutralität ist, ist zumindest fragwürdig.

Die politische Debatte

Der Konsum von Medieninhalten hat sich durch das Internet radikal verändert. Ob sich damit auch das Recht ändern muss, wird seit Jahrzehnten diskutiert. Die Kritiker der Richtlinie stellen fest, dass das Urheberrecht  nicht schuld sei am Medienwandel. Ist es daher sinnvoll, möglicherweise antiquierte Geschäftsmodelle unter besonderen Schutz zu stellen und somit moderne Technologien und Geschäftsmodelle auszubremsen?

Auch wenn beide Seiten in der Debatte einfache Antworten mit simplen Kampfbegriffen und bedeutungsschwangeren Diskussionen, um Meinungsfreiheit und Internetkapitalismus geben, wird diese Frage nicht einfach zu beantworten sein. Für die Meinungsfreiheit einzustehen und die Schwachen zu schützen, reklamieren interessanterweise beide Seiten für sich.

Die Richtlinie könnte dazu führen, dass die Profiteure des Medienwandels etwas mehr als bisher oder überhaupt erst einmal Geld an die Urheber zahlen müssen. Aber dies ist ungewiss, weil die Kreativwirtschaft von den Internetgiganten abhängig  ist, wie das Scheitern des Leistungsschutzrechts für News-Anleser in Deutschland und Spanien zeigt. Die Richtlinie kann das Gefüge der Kreativ- und Internetwirtschaft jedoch nicht auseinanderreißen. Dafür ist sie im Anwendungsfall zu speziell. Sie trifft nur große gewinnorientierte Internetunternehmen. Wo die Grenzen für Größe und Gewinnorientierung liegen, ist allerdings noch nicht entschieden.

In dieser, in erster Linie von wirtschaftlichen Interessen geprägten Debatte, das große Faß rund um Meinungsfreiheit, Netzneutralität und Grundrechte aufzumachen schießt weit über das Ziel hinaus, eignet sich allerdings hervorragend um mit populistischer Meinungsmache die an einfachen und emotionalen Antworten interessierten Teile der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen.

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¹ https://www.urheber.info/aktuelles/2018-10-29_spekulationen-rund-um-das-zweite-trilog-treffen
²
https://youtube-creators.googleblog.com/2018/10/a-final-update-on-our-priorities-for.html
³ http://einspruch.faz.net/recht-des-tages/2018-08-18/b150cb44b8b4b2a08e087bf54978cd56/?GEPC=s5

 

DSGVO Abmahnungen sind möglich

DSGVO Abmahnungen sind möglich

DSGVO Abmahnungen sind möglich

Ein Urteil des Oberlandesgericht Hamburg bestätigt, dass bei Datenschutzverstößen Abmahnungen durch Konkurrenten möglich sind.

 

Eins der vielen umstrittenen Probleme der EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) war bis jetzt die Frage, ob Verstöße gegen die DSGVO Abmahnungen nach sich ziehen können.

Bereits in Art. 82 DSGVO ist ein Recht auf Schadenersatz für betroffene Personen geregelt. Hinzu kommen noch Bußgelder, die nationale Aufsichtsbehörden gegenüber Unternehmen verhängen können. Die Bußgelder reichen bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes. Als eine weitere Gefahr stehen die Abmahnungen durch Konkurrenzunternehmen im Raum.

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) können Abmahnungen gegen Konkurrenten erhoben werden, wenn sie  sich einen Wettbewerbsvorteil sichern, indem sie sich nicht an die datenschutzrechtlichen Vorgaben halten. Als Argument hierfür wird angeführt, dass ein Unternehmen, dass den Datenschutz nicht ernst nimmt, Kosten und Aufwände spart, die einem rechtschaffenen Konkurrenten entstehen.

Auch können durch mangelhaften Datenschutz die Kunden eines Unternehmens in die Irre geführt werden und deshalb Verträge mit diesem Unternehmen abschließen, die dem rechtschaffenen Konkurrenten somit entgehen würden.

Das erste Urteil einer höheren Instanz

Bisher waren sich die Gerichte über diese Frage nicht einig. Das Landgericht Würzburg sah eine Abmahnfähigkeit aufgrund der DSGVO gegeben, das Landgericht Bochum war anderer Meinung. Auch die EU-Justizkommissarin Vera Jourova verneinte die Anwendbarkeit der DSGVO für Dritte. Nur betroffene Personen sollen Schutz durch die DSGVO erhalten.

In einer Entscheidung des Oberlandesgericht Hamburg (Urt. v. 25.10.2018, Az. 3 U 66/17) wurde nun bejaht, dass die Regelungen der DSGVO sogenannte Marktverhaltensregeln sind. Eine Abmahnung aufgrund unlauteren Wettbewerbs ist daher möglich.

Begründet wird diese Entscheidung damit, dass die in der DSGVO vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten nicht abschließend seien und weitere Sanktionsmöglichkeiten zum Schutz Dritter hinzu treten können – wie zum Beispiel Abmahnungen von Wettbewerbern.

Im durch das Oberlandesgericht Hamburg zu entscheidenden Fall wurden in erster Instanz übrigens beide Unternehmen wegen Verstößen gegen das Datenschutzrecht verurteilt. Das abgemahnte Unternehmen entdeckte bei dem anderen Unternehmen ebenfalls Verstöße gegen das Datenschutzrecht und erhob Widerklage. Das Datenschutzrecht kann schnell zu einem zweischneidigen Schwert werden, denn nur die wenigsten Unternehmen sind tadellos in Sachen Datenschutz aufgestellt.

Fazit

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen stellen ein neues Risiko für Unternehmen dar. Unternehmen, die ihre Hausaufgaben in Sachen Datenschutz bis jetzt nicht erledigt haben, sollten dies dringend nachholen. Sanktionen durch Abmahnungen werden in Zukunft sicherlich öfter verhängt. Die Konkurrenz schläft bekanntlich nie.

Dank DSGVO Klingelschilder bald ohne Namen?

Dank DSGVO Klingelschilder bald ohne Namen?

Dank DSGVO Klingelschilder bald ohne Namen?

Es vergeht keine Woche ohne neue Schreckensmeldungen zur DSGVO in den Gazetten und sozialen Medien. Die neueste Hiobsbotschaft lautet: “Deutschland droht ein Klingelschild-Chaos“.¹

Auslöser war die Beschwerde eines Mieters in Wien. Er sah seine Privatsphäre nicht ausreichend geschützt, weil sein Name auf dem Klingelschild stehe. Die kommunale Hausverwaltung „Wiener Wohnen“ ließ die Beschwerde prüfen und die zuständige Magistratsabteilung der Stadt Wien stellte fest, dass hier tatsächlich eine Verletzung der Privatsphäre vorliege. Nun sollen bei 220.000 Mietwohnungen die Namen auf dem Klingelschild entfernt und durch Nummern ersetzt werden. Wer doch seinen Namen auf dem Klingelschild haben möchte, könne ihn selbst aufkleben.²

Weiter ging es nur wenige Tage später in Deutschland. Der Eigentümerverband „Haus & Grund“ empfahl seinen ca. 900.000 Mitgliedern ebenso zu verfahren und die Namen gegen Nummern auszutauschen.³

Wird hier wieder unberechtigte Panik verbreitet oder ist etwas dran an dieser Forderung?

Sind Klingelschilder ein Dateisystem?

Wie immer beim Thema Datenschutz ist die Antwort nicht ganz einfach: Erst einmal gilt die DSGVO nach Art. 2 Abs. 1 DSGVO nicht nur für automatisierte elektronische Datenverarbeitung. Auch die guten alten Akten in Papierform fallen unter das Gesetz. Damit die physische, nicht automatisierte Datenverarbeitung auch wirklich unter die Anwendung der DSGVO fällt, müssen die personenbezogenen Daten zusätzlich auf einem Dateisystem gespeichert sein. Die Türschilder müssten also ein Dateisystem sein. Was nach der DSGVO unter einem Dateisystem zu verstehen ist, erfahren wir in Art. 4 Nr. 6 DSGVO. Da heißt es: “Ein Dateisystem ist jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen [sic!] Gesichtspunkten geordnet geführt wird.”

Relevant für unsere Frage sind die Merkmale einer „strukturierten Sammlung“ und ob Daten „nach bestimmten Kriterien zugänglich sind“ nach Art. 4 Nr. 6 DSGVO . Hier braucht es viel Fantasie Türschildern diese Merkmale zuzuordnen.

Für eine strukturierte Sammlung müssen die Daten „nach bestimmten Kriterien zugänglich sein“. Das Ziel der DSGVO ist es, personenbezogene Daten und damit die betroffenen Personen vor einer missbräuchlichen Verwendung zu schützen. Die Gefahr eines Datenmissbrauchs ist bei Massenverarbeitung besonders hoch. Um Daten in der Masse zu verarbeiten, braucht es strukturierte Sammlungen, die nach bestimmten Kriterien zugänglich gemacht werden. Selbst wenn die Türschilder alphabetisch oder sonst irgendwie sortiert sind, sind sie nicht soweit “zugänglich, dass Sie einfach von der Tür aus verarbeitet werden” können. Im Ergebnis sind Türschilder keine automatisierte Verarbeitung oder Dateisysteme.

Zumindest der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz Dr. Lutz Hasse sieht in Klingelschildern ein Dateisystem, sofern für deren Erstellung auf ein ausgelagertes Dateisystem zurückgegriffen wird. Dem ist zuzustimmen, jedoch werden in der Praxis wohl nur große Wohnungsgesellschaften eine solche Datenbank nutzen. Digitale Klingelschilder wären wegen der damit verbundenen automatisierten Datenverarbeitung auch ein Dateisystem im Sinne der DSGVO. Die Fälle, in welchen die DSGVO überhaupt greift, sind demnach eher Ausnahmefälle.

Das sagt die DSGVO

Selbst wenn der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet ist, dann stehen die Regeln der DSGVO dem wilden Klingelschild-Abschrauben selbst im Weg. Der Vermieter kann sich auf seine so genannten berechtigten Interessen aus Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO berufen, die ihm eine Rechtsgrundlage zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten geben. Hier gilt es die Interessen aller Beteiligten abzuwägen. Es ist zumindest ein berechtigtes Interesse des Vermieters beim Mieter im Notfall mal klingeln zu können oder ihm Post zuschicken. Da hilft ein Klingelschild in der Regel weiter. Jeden einzelnen Mieter nur über Nummern zu identifizieren, geht über eine zumutbare Belastung für den durchschnittlichen Vermieter hinaus. Ab einer gewissen Anzahl von Mietern/Vermietungsobjejekten wäre eine automatisierte Datenverarbeitung nötig, die eine entsprechende Rechtsgrundlage in der DSGVO bedürfe. Die meisten Mieter sind mit ihrem Namen auf der  Klingel auch recht zufrieden, da sie so leicht Post und Besuch empfangen können. Das geht natürlich auch ohne Namen an der Tür, doch würde dies erst einmal für den Mieter zu einem Mehraufwand führen, weil er Bekannte und Postzusteller informieren müsste. Pauschal auf Klingelschilder mit Namen zu verzichten, liegt somit nicht im Interesse von Mietern und Vermietern.

Auf jeden Fall kann der Mieter dieser Datenverarbeitung nach Art. 21 Abs. S.1 DSGVO widersprechen, wenn er nicht möchte, dass sein Name am Klingelschild steht.

Fazit

Wenn ein Mieter wirklich nicht will, dass sein Name auf dem Klingelschild steht, wird ein Vermieter ihm das wohl zugestehen müssen. Dies ist aber eine Frage des Mietrechts und nicht der viel gescholtenen DSGVO. Vermieter können also beruhigt die Schraubenzieher im Werkzeugkasten lassen.

Nachtrag: Obwohl von einem Großteil von Datenschützern (wie auch der Autor dieses Beitrags) und selbst von Seiten der EU-Kommission die Meinung vertreten wird, dass Klingelschilder kein Dateisystem sind will “Wiener Wohnen” weiterhin an der Entfernung der Klingelschilder festhalten.