Verantwortungsvoller Einsatz von KI im Verlagswesen

Ethik, Recht und Nachhaltigkeit

Nachdem wir uns im ersten Artikel mit den Potenzialen und Chancen von Künstlicher Intelligenz (KI) im Verlagswesen beschäftigt haben, werfen wir nun einen Blick auf die Herausforderungen. Themen wie Datenschutz, Ethik und Nachhaltigkeit rücken dabei zunehmend in den Fokus. Denn ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Technologie ist mindestens genauso wichtig wie ihr praktischer Einsatz.

Qualität und Transparenz: Warum KI menschliche Kontrolle braucht

KI-generierte Inhalte wirken auf den ersten Blick oft überzeugend, sind jedoch nicht immer korrekt. Eine Untersuchung der Indiana University ergab, dass ChatGPT-generierte wissenschaftliche Texte in 70 Prozent der Fälle falsche Quellen enthielten. Gerade in Fach- und Bildungskontexten kann dies zu schwerwiegenden Fehlinformationen führen.

Damit Inhalte verlässlich bleiben, ist eine redaktionelle Prüfung unerlässlich. Diese Qualitätskontrolle ist nicht optional, sondern zentral für Glaubwürdigkeit und journalistische Standards. Laut einer IONOS-Umfrage wünschen sich 86 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen klare Regeln und transparente Prozesse im Umgang mit KI – insbesondere, wenn es um Nachvollziehbarkeit und Datenschutz geht.

Recht und Ethik: Klare Standards statt Grauzonen

Während KI immer stärker in redaktionelle Prozesse einzieht, entwickelt sich auch das rechtliche Umfeld rasant weiter. Der EU AI Act schafft einen risikobasierten Ansatz und verpflichtet Anbieter zu Transparenz, Sicherheit und Dokumentation. Für die Verlagswelt bedeutet das: Wer KI einsetzt, muss nachvollziehbar darlegen können, wie Inhalte entstehen und welche Daten dabei verwendet wurden.

Beim Urheberrecht herrscht jedoch noch große Unsicherheit. Das US Copyright Office stellt klar, dass KI-generierte Werke ohne menschliche Mitwirkung nicht urheberrechtlich geschützt sind. Für Verlage stellt sich daher die Frage, wie solche Inhalte rechtlich abgesichert und kommerziell genutzt werden dürfen. Deshalb ist es sinnvoll, frühzeitig eigene Richtlinien zu entwickeln und Prozesse entsprechend anzupassen.

Ein zentrales Thema dabei ist der sogenannte „Bias“: Eine Studie der University of California Santa Barbara zeigt, dass KI-Systeme auf Basis unausgewogener Trainingsdaten systematische Verzerrungen erzeugen können. Das kann zu diskriminierenden Darstellungen führen oder Zielgruppen unbeabsichtigt ausschließen.

Verlage sollten daher darauf achten, dass Trainingsdaten vielfältig und repräsentativ sind. Orientierung bieten die Ethics Guidelines for Trustworthy AI der EU-Kommission, die Kriterien wie Fairness und Transparenz definieren.

Auch das Whitepaper „Responsible AI“ von PwC empfiehlt ein integriertes Governance-Modell, das Verantwortlichkeiten für KI-Einsatz in Compliance, IT, Recht und Redaktion verankert. Eine zentrale Rolle spielt zudem die Schulung der Mitarbeitenden: Nur wer versteht, wie KI funktioniert, kann sie verantwortungsvoll nutzen. Der Datenschutzberater NRW empfiehlt daher gezielte Fortbildungen im Umgang mit KI-Tools.

Nachhaltigkeit: Auch KI hat eine Umweltbilanz

Große Sprachmodelle wie GPT-4 verbrauchen erhebliche Mengen Energie. Eine Studie von Strubell et. al (2019) schätzt, dass das Training eines einzigen großen KI-Modells bis zu 284 Tonnen CO₂ verursachen kann. Das ist vergleichbar mit dem CO₂-Ausstoß eines Autos über zwei Jahrzehnte! Auch wenn diese Zahl zunächst abstrakt klingt, zeigt sie deutlich: Der technische Fortschritt hat seinen Preis. Verlage sollten deshalb bei der Auswahl von KI-Diensten auch deren Energieeffizienz berücksichtigen. Das Booklet der Plattform Lernende Systeme schlägt konkrete Maßnahmen vor:

  • Nutzung von CO₂-neutraler Cloud-Infrastruktur wie Microsoft Azure oder Google Cloud
  • Wahl energieeffizienter Rechenzentren mit smarter Kühlung
  • Einsatz ressourcenschonender Open-Source-Modelle, zum Beispiel kleinere Sprachmodelle mit geringem Energieverbrauch

Durch diese Ansätze lässt sich der ökologische Fußabdruck der KI-Anwendung reduzieren, ohne auf Innovation zu verzichten.

Transparenz und Kontrolle: Warum KI-Erkennung wichtig ist

Ein zentrales Anliegen vieler Verlage ist die Kennzeichnung KI-generierter Inhalte. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hebt hervor: 87 Prozent der Verlage sehen generative KI als zukunftsrelevant, fordern aber gleichzeitig klare Transparenzstandards.

Tools wie Winston AI oder Originality.ai helfen dabei, Inhalte zu analysieren und den Einsatz von KI sichtbar zu machen. Diese Systeme erkennen zuverlässig, ob ein Text vollständig oder teilweise von einer KI stammt. So entsteht die nötige Sicherheit für Redaktion, Rechtsabteilungen und Leserschaft.

Herausforderungen im Alltag: Was Verlage konkret beachten sollten

Neben den ethischen und rechtlichen Fragen gibt es im Arbeitsalltag viele praktische Hürden, die nicht unterschätzt werden dürfen:

  • Die sogenannte Blackbox-Problematik erschwert die Kontrolle: Viele KI-Modelle liefern Ergebnisse, deren Entstehungsweg nicht nachvollziehbar ist. Für Redaktionen wird dadurch die Einhaltung von Standards und Richtlinien komplexer.

  • Verzerrungen (Bias) bleiben ein Dauerthema, insbesondere bei internationalem Publikum oder sensiblen Inhalten.

  • Trotz hoher Geschwindigkeit muss jedes KI-Ergebnis geprüft, eingeordnet und angepasst werden. Das ist aufwändig, aber unerlässlich.

Fazit: Verantwortung ist kein Nice-to-have

Richtig eingesetzt ist KI im Verlagswesen ein mächtiges Werkzeug – von der Texterstellung über Marketing bis zur Datenanalyse. Doch erst ein bewusster, verantwortungsvoller Umgang macht ihren Einsatz zukunftsfähig. Wer ethische Leitlinien etabliert, rechtlich vorbereitet ist und Nachhaltigkeit mitdenkt, schafft Vertrauen bei der Leserschaft, ebenso wie bei Partnern und Mitarbeitenden. Damit positionieren sich Verlage als reflektierte Akteure in einer sich schnell wandelnden, digitalen Welt.

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